Jahr 2012


Sächsische Zeitung, 20. September 2012

Zieht Dynamo bald ins Ostragehege?
Von Juliane Richter

Aufsichtsratschef Thomas Bohn interessiert sich für zwei Gebäude in dem Gebiet. Womöglich könnte er ein dringendes Problem des Vereins damit selbst lösen.

Bei der Suche nach einem neuen Trainingsgelände für Dynamo Dresden wird Aufsichtsratschef Thomas Bohn nun selbst aktiv. Nach SZ-Informationen interessiert sich der Geschäftsmann für die ehemalige Fettschmelze samt Außengelände im Ostragehege. Die städtische Tochter Stesad vermarktet den 1913 von Johannes Erlwein errichteten, viergeschossigen Bau. Seit 1995 ist er ungenutzt.

Stesad-Geschäftsführer Axel Walther bemüht sich schon lange um eine Wiederbelebung. „Für das Ostragehege gibt es ein Konzept, das sich an den Punkten Kunst, Kultur und Event orientiert“, sagt Walther. Vor einiger Zeit gab es noch die Idee eines Bikerhotels, mittlerweile favorisiert er den Einzug der Kreativwirtschaft. Einer Ansiedlung von Zweitligist Dynamo Dresden wäre er dennoch nicht abgeneigt. „Ich habe demnächst einen Termin mit Herrn Bohn. Wenn er ein gutes Konzept vorlegt, wäre das sicher auch möglich“, so Walther.
Damit könnte der Verein wohl gleich mehrere Probleme lösen. Einerseits sucht Dynamo schon lange händeringend nach einem neuen, dauerhaften Trainingsgelände unter optimalen Bedingungen. Die seit Jahren genutzte Fläche im Großen Garten ist laut Dynamo-Sprecher Enrico Bach „eines Zweitligatrainings nicht angemessen“. Nicht abfließendes Wasser macht die Plätze gerade im Herbst und Winter oft unbespielbar. Zudem läuft der Mietvertrag für die rund 18.000 Quadratmeter große Fläche mit dem Staatsbetrieb Schlösser und Gärten im kommenden Juni aus. Eine erneute Verlängerung wurde noch vor Kurzem vom Staatsbetrieb deutlich abgewiesen.

Ein weiterer Vorteil an der Fettschmelze im Ostragehege könnte die Gebäudefläche von rund 4.700 Quadratmetern sein. Damit wäre neben dem Sanitärtrakt samt Umkleiden, Physiotherapie- und Kraftraum wohl auch Platz für die Dynamo-Geschäftsstelle. Die befindet sich derzeit abgeschlagen auf der Enderstraße gegenüber dem Seidnitzcenter. Doch schon lange hofft der Verein, seine Bereiche zu bündeln. Im Ostragehege wäre er dann auch in unmittelbarer Nähe zum Nachwuchsleistungszentrum.
Stesad-Chef Axel Walther erwartet von einem möglichen Investor eine schnelle Umsetzung. Bis zur Nutzung durch den Verein wäre jedoch noch viel zu tun: Die Fettschmelze ist denkmalgeschützt und müsste umfangreich saniert werden. Axel Walther geht hier von einem siebenstelligen Betrag aus. Auch der erwünschte Kaufpreis sei beinahe im Millionenbereich. Inwieweit Thomas Bohn, Geschäftsführer der Onlinedruckerei Saxoprint und Investor der Zwingerfestspiele, das finanziell stemmen kann, ist fraglich. Bohn selbst wollte sich auf Nachfrage nicht zu seinen Plänen im Ostragehege äußern. Auch zu einem weiteren, interessanten Objekt schweigt er. So hat offenbar auch die ehemalige Direktorenvilla am Eingangsbereich zur Messe sein Interesse geweckt. „Schon vor einigen Jahren war geprüft worden, ob das Gebäude etwas für Dynamo ist. Das ist dann aber an der Flächenstruktur und aus Kostengründen gescheitert“, sagt Stesad-Chef Walther. Nach SZ-Informationen haben Bohn und Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller dennoch Interesse daran.

Offiziell äußert sich Müller nicht zu möglichen Varianten für ein neues Trainingsgelände oder eine neue Geschäftsstelle. Allerdings verweist er auf wieder aufgenommene Gespräche zum Großen Garten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden“, so Müller. Die kann aus besagten Gründen nur mittelfristig sein. Laut Dynamo-Sprecher Bach wäre ein Trainingsgelände mit drei Rasenplätzen, einem Kunstrasenplatz und einem Multifunktionsfeld für ein Zweitligatraining optimal. Stattdessen blickt der Verein beunruhigt auf die kalte Jahreszeit. „Wenn die Fläche im Großen Garten nicht bespielbar ist, müssen wir wieder ausweichen“, so Bach. Vergangene Saison nutzte Dynamo mehrfach den Platz von Turbine Dresden auf der Pfotenhauerstraße. Diese Umstände sind laut Bach ein klarer Wettbewerbsnachteil.


BILD, 7. September 2012

Geheimspiel aus Angst vor polnischen Hooligans
2:1! Dynamo siegt vor leeren Rängen gegen Polens Meister
Von TORSTEN PAULY

Zgorzelec/Görlitz – Jetzt finden Testspiele aus Angst vor Hooligans schon unter großer Geheimhaltung statt.

Dynamo Dresden spielte am Freitagnachmittag im polnischen Grenzort Zgorzelec gegen Slask Wroclaw (Breslau), siegte mit der zweiten Reihe gegen den polnischen Meister mit 2:1.
Und das vor leeren Rängen! Denn Zuschauer bzw. Fans waren nicht erwünscht. Beide Vereine hatten sich darauf geeinigt, das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen und Termin sowie vor allem den Ort geheim zu halten, um mögliche Auseinandersetzungen von Hooligan-Gruppen zu vermeiden.

Der Plan ging auf, denn bis auf vier Polizisten blieben die Ränge in Zgorzlec komplett leer und die Partie konnte ohne Probleme über die Bühne gehen.

Zum Spiel: Die Polen, die nur auf wenige Stammspieler verzichteten, gingen nach acht Minuten in Führung. Die Schwarz-Gelben waren keineswegs geschockt, glichen durch Cristian Fiel schon im Gegenzug nach klasse Solga-Vorarbeit mit einem Flachschuss ins rechte Eck aus. Und Fiel setzte noch einen drauf, zirkelte einen Freistoß aus 18 Metern über die Mauer zum 2:1 ins Tor (37.).
„Das war ein sehr ordentlicher Test meiner Mannschaft gegen einen starken Gegner", freute sich Dynamo-Trainer Loose über die Leistung seiner vermeintlichen Reservisten.
Samstag steigt schon der nächste Dynamo-Test gegen Drittligist Offenbach in Wilsdruff (14 Uhr).


Der Betze brennt, 2. September 2012

Die Doppelpacker

Wenn die FCK-Stürmer in dieser Saison treffen, dann doppelt - sicher nicht die schlechteste Grundlage im Kampf um den Wiederaufstieg. Am 4. Spieltag war mal wieder Albert Bunjaku an der Reihe. Und auch außersportlich war die Partie des 1. FC Kaiserslautern bei Dynamo Dresden wie erwartet eines der interessantesten Spiele der Saison.

Hubschrauber, Blaulicht, Hundertschaften. Dresden calling! Für die meisten FCK-Fans bedeutete der seit 17 Jahren nicht mehr dagewesene Vergleich mit dem vielleicht wichtigsten Klub Ostdeutschlands Neuland, und in der sächsischen Landeshauptstadt angekommen zeigten sich dann auch Ansätze einer anderen (Fußball-)Welt. Ein massives Polizeiaufgebot sorgte für die Sicherheit des pfälzischen Anhangs und hatte die Lage auch weitgehend im Griff. Dennoch war an vielen Ecken rund ums Rudolf-Harbig-Stadion zu spüren, dass im harten Kern von Dynamo nicht jeder Gast freundlich empfangen wird, und auch aus Kaiserslautern waren ein paar raue Typen am Start. Festzuhalten bleibt aber auch, dass die große Mehrheit der Zuschauer an diesem Tag aus friedlichen Zeitgenossen bestand.

Der Großteil der FCK-Fans wählte die gemeinsame Anreise im Konvoi, der etwas chaotisch verlief und keine spektakulären Bilder lieferte, aber doch von den meisten Teilnehmern als gelungene und spaßige Abwechslung zu Sonderzügen und Individualreisen angenommen wurde. Unter dem alten FCK-Motto „Let's go, Betze“ wurden T-Shirts verkauft, die im Stadion den passenden Rahmen zu einer kleinen Choreographie mit Konfetti und Luftballons bildeten und dem guten Auftritt der mitgereisten Fans auch optisch einen würdigen Rahmen verliehen. Insgesamt fanden sich rund 1.500 Schlachtenbummler aus der Pfalz im Gästeblock ein und machten ordentlich Rabatz, wenn auch aufgrund der relativ geringen Anzahl ein „Heimspiel“ schon von vorneherein ausgeschlossen war - danke an die DFL für den fanfeindlichen Freitagstermin!

Die SGD-Anhänger hingegen erwischten nicht ihren besten Tag, ließen aber trotzdem einige Male ihr gewaltiges Potential aufblitzen. Wenn nach einer vergebenen Torchance das ganze Stadion in ohrenbetäubender Lautstärke „Dynamo, Dynamo“ brüllt, dann sucht das in Deutschland seinesgleichen. Eine weitere Besonderheit war sicherlich, als Ultras-Dynamo-Vorsänger „Lehmann“ das Publikum kurz vor dem Anpfiff per Stadionmikrofon aus dem Mittelkreis im Stile türkischer Capos noch mal anheizte. Zum Einlaufen der Mannschaften (und später nach dem zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer) präsentierte die Heimkurve ihre immer mal wieder eingesetzte Blockfahne, danach fiel insbesondere die hohe Mitmachquote rund um den K-Block ins Auge. Alles in allem sahen das Duell des ostdeutschen gegen den westdeutschen Traditionsverein 29.057 Zuschauer, was ein abgesehen von Gäste- und Pufferblock ausverkauftes Rudolf-Harbig-Stadion bedeutete.

FCK-Trainer Franco Foda vertraute der gleichen Elf wie in der zweiten Halbzeit gegen 1860 München, also mit Dominique Heintz für den verletzten Jan Simunek. Für Neuzugang Marc Torrejón blieb somit erstmal nur die Zuschauerrolle, der Spanier ist noch nicht bei 100 Prozent. Und auch wenn nach wie vor Steigerungspotential besteht, so zeigte die Lautrer Abwehr in dieser Zusammensetzung ihre beste Leistung der bisherigen Saison. Das Prunkstück der „Red Hot Chili Devils“ ist und bleibt aber die Offensive, die das krasse Gegenteil zur letztjährigen Abstiegstruppe darstellt: Torgefährlich und effektiv!

In Dresden reichten Bunjaku und Co. sechs nennenswerte Chancen für drei Tore und den Sieg. Beeindruckend! Nach der Führung durch den Mannschaftskapitän (29.) - vorangegangen war eine tolle Kombination, ein Kommentator ließ sich gar zu dem wohl doch noch etwas übertriebenen Attribut „Tiki-Taka“ verführen - konnte auch der Ausgleich durch Dynamo-Torjäger Mickael Poté (67.) nicht schocken. Der FCK hatte sich zu sehr auf Ergebnisverwaltung beschränkt und wurde dafür bestraft. Trotz der jetzt erdrückend heißen Atmosphäre im Rudolf-Harbig-Stadion blieben die Lautrer aber cool und konnten nur wenige Minuten später durch Bunjakus zweiten Treffer die erneute Führung rausspielen (74.). Das Spiel hätte in der Schlussphase durchaus auch kippen können, aber die Foda-Elf setzte ihre makellose Auswärtsbilanz fort, gab nach dem zwischenzeitlichen Rückzug wieder Gas und sorgte durch den ersten Ligatreffer des immer stärker werdenden Kostas Fortounis für die vorzeitige Entscheidung (82.). Einfach nur genial!

Es ist toll, wie abgezockt diese neue FCK-Mannschaft auftritt. Die Abteilung Attacke passt schon bestens zusammen, jetzt noch etwas mehr Stabilität in der Abwehr sowie die benötigte Kontinuität für die noch lange Saison, und die zweite Liga hat einen ganz klaren Aufstiegskandidaten. Beim Spiel in Dresden beeindruckte aber nicht nur die Offensive durch ihre Effektivität, mindestens genauso wertvoll war die Arbeit in der Defensive: Tobias Sippel zeigte mehrere Glanzparaden, Enis Alushi und Ariel Borysiuk scheinen in der Zentrale immer besser zusammenzufinden und vorne stehen die besagten Knipser. Wenn Mo Idrissou nicht trifft, dann ist eben Albert Bunjaku zur Stelle, der mit vier Treffern mittlerweile auch die Torjägerliste der zweiten Liga anführt. Und im Hintergrund wartet mit Ilian Micanski noch ein weiterer Topstürmer auf seine Chance, dazu bald wieder Pierre De Wit, Mimoun Azaouagh, der bereits erwähnte Marc Torrejón, Alexander Baumjohann besitzt noch Steigerungspotential, Hendrick Zuck und noch einige mehr. Aber halt! Man muss aufpassen, dass die Euphorie nicht zu groß wird und dadurch die noch zu korrigierenden Fehler übertüncht werden, das hat nicht erst die vergangene Saison gelehrt. Doch einen gesunden Optimismus, gerade nachdem die schlimme Abstiegssaison immer noch irgendwie in den Knochen steckt, legitimiert die bisherige Saisonzwischenbilanz auf jeden Fall.

Dass der Aufschwung beim FCK noch ein zartes Pflänzchen ist, zeigte auch die ausgiebige Siegesfeier nach dem Abpfiff. Ariel Borysiuk musste sich auf dem Boden sitzend erstmal von Mathias Abel erklären lassen, was die Fans denn da gerade fordern (der Dialog könnte wie folgt gelaufen sein: „Was müssen wir jetzt machen, Matze?“ - „Ei 'F-C-K', Ariel, und bei jedem Buchstaben aufspringen!“). Als Roter Teufel seit Januar 2012 sind diese Feierlichkeiten schließlich immer noch alles andere als Routine. Einiges wurde in der sieglosen Zeit sogar fast vergessen, so dürfen beim nächsten Dreier zum Beispiel auch ruhig mal wieder die Taschentücher ausgepackt werden.

Hinter dem Gästeblock kam es dann noch zu einem Angriffsversuch der Dynamo-Hooligans auf die FCK-Fans, der aber ebenso kurz wie erfolglos war. Während der Betze-Konvoi die Stadt dann unter erneut großem Polizeischutz sowie dem bereits den ganzen Tag kreisenden Polizeihubschrauber die sächsische Hauptstadt verließ, wurden rund um den Bahnhof noch einige Lautrer ihrer Schals beraubt.

Fazit des Tages: Der FCK beginnt wieder Spaß zu machen, und Dresden ist auch aus Fan-Sicht eine Reise wert. Im Zeitalter von Hoffenheim, Wolfsburg und Sandhausen herrscht hier noch eine tolle - wenn auch manchmal ziemlich raue - Fußballatmosphäre und auch die Stadt selbst hat einiges zu bieten. Das beste Touristenprogramm ist und bleibt aber ein Auswärtssieg. Mission erfüllt!

Autor: Thomas http://www.der-betze-brennt.de/artikel/1940-spielbericht-die-doppelpacker.php