Jahr 2012


Sächsische Zeitung, 30. August 2012

SPD verteidigt Zuschüsse für Dynamo

Gerät Dynamo Dresden finanziell in eine Schieflage, schadet dies der Stadt, ist SPD-Stadtrat Thomas Blümel überzeugt. Die Zuschüsse an den Verein dürften deshalb nicht infrage gestellt werden. Er reagiert auf einen SZ-Bericht, wonach Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) die Betriebskostenzuschüsse an den Verein auf den Prüfstand stellen möchte. „Ohne die Unterstützung der Stadt wäre Dynamo nicht in der 2. Liga, und dann würde das Stadion die Stadt im Jahr über eine Million mehr kosten“, sagt Blümel. Der Stadtrat wirft dem Bürgermeister Populismus vor: Auf einem Workshop im Mai hatte sich Lehmann noch zum Verein und dem Profifußball bekannt. Unterhalb der 1. Liga sei der Verein regelmäßig zuschussbedürftig, hieß es damals.


OVZ-Online, 30. August 2012

Dynamo Dresden: Fans im K-Block erhalten neue Trommel und Podest

Dresden. Die Fans von Dynamo Dresden können sich im K-Block über eine neue Trommel freuen. Auf diese Weise möchte Trommler „Matze“ die Spiele seiner Lieblingsmannschaft noch lautstarker begleiten. „Wir wollten uns verbessern, weil die alte Trommel nur im alten Stadion mit etwa 2000 Fans im K-Block wirkungsvoll war. Heute sind es 9000. Aus diesem Grund brauchten wir unbedingt eine neue Trommel“, berichtet der 27-Jährige.

Damit das neue Instrument, das etwa 2000 Euro gekostet hat und gegenüber der alten Trommel mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern ungefähr doppelt so groß ist, im K-Block Platz findet, musste der bestehende Kapo-Turm erweitert werden. Diese Aufgabe übernahm der Maschinen- und Anlagenmonteur Falko Tischendorf, der seit 1977 eingefleischter Dynamo-Fan ist. „Wir haben am Dienstag den neuen Kapo-Turm, der ungefähr sechs Meter lang ist, in der Werkstatt vorbereitet und Mittwochvormittag innerhalb von zweieinhalb Stunden im Stadion aufgebaut“, so Tischendorf gegenüber DNN-Online. Der Turm auf dessen von vorne gesehen rechter Seite der Trommler Platz findet, sei zwar groß und bullig, lasse sich aber gut zerlegen und transportieren, erklärt der Monteur.

Die genauen Kosten für die Innovation kann er gar nicht so leicht benennen, da neben den Materialkosten jede Menge Freizeit in das Projekt investiert wurde. „Wenn ich den Kapo-Turm für einen Kunden hergestellt hätte, müsste er inklusive der Arbeitskosten mindestens 600 Euro bezahlen“, schätzt der 46-Jährige.

Trotz der Vorfreude über die neue Trommel samt Turm bleibt allerdings ein kleines Problem. Trommler Matze, der bereits sei zehn Jahren die Dynamo-Fans erfreut, kann am Freitag voraussichtlich nicht zum Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern kommen, weil er arbeiten muss. „Er meinte zwar, er könne die Schicht tauschen, aber gegenwärtig sieht es nicht so aus“, so Tischendorf über die Premiere der neuen Anlage.


Sächsische Zeitung, 29. August 2012
Zuletzt forderte die Stadionprojektgesellschaft 700000 Euro von Dynamo. Ein zur Klärung angesetzter Termin vor dem Landgericht wurde kurzfristig abgesagt. Nun wollen sich Stadionbetreiber und Verein außergerichtlich einigen. Zur Lösung des Vertragsproblems sollte zudem ein Ende Mai durchgeführter Workshop beitragen. Zu konkreten Ergebnissen kam es jedoch nicht [...] Lehmann plädiert allerdings dafür, den bisherigen Vertrag beizubehalten: „Man sollte aufhören, immer wieder an dem Konzessionsvertrag zu zweifeln. Der Vertrag wird so bestehen bleiben. Ich kann nur davor warnen, dass man dieses Grundkonstrukt wieder aufbindet.“


Bald weniger Zuschuss für Dynamo?
Von Juliane Richter

Sportbürgermeister Winfried Lehmann stellt die Höhe der städtischen Unterstützung infrage. Der Verein sieht sich weiterhin auf die Hilfe angewiesen. Ein neuer Streit ums Geld droht.

Welche finanzielle Verantwortung kann und muss die Stadt für Dynamo Dresden übernehmen? Der Verein steht finanziell wieder besser da, hält die Mieten für das Stadion jedoch für vergleichsweise hoch. Die Debatte um die Dynamo-Förderung ist eröffnet. Foto: photoarena/Thomas Eisenhuth

Seit Jahren unterstützt die Stadt den Verein Dynamo Dresden mit Zuschüssen bei den Betriebskosten. Der Verein muss für die Nutzung des Stadions somit weniger Miete zahlen. Die Höhe des Zuschusses hängt davon ab, in welcher Liga Dynamo spielt. Für die Zweite Bundesliga sind es derzeit rund 620000 Euro pro Saison. Hinzu kommen in dieser Saison noch einmal 1,2 Millionen Euro, die der Stadtrat separat beschlossen hat.

Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) zweifelt die Höhe des Zuschusses nun an. „Es ist die Frage, ob die Stadt den Verein dauerhaft mit einem Betriebskostenzuschuss unterstützen muss. Dieses Thema werden wir sicherlich in der nächsten Haushaltsdebatte noch einmal behandeln“, so Lehmann. Grund für die Überlegungen sei vor allem die wirtschaftliche Entwicklung des Vereins in den vergangenen Monaten. „Bisher war das Hauptargument des Vereins immer, dass er finanziell kurz vor dem Abgrund steht und die Stadt ihm helfen muss. Aber ganz so schlimm ist die Situation nun nicht mehr“, sagt Lehmann.

So konnte der Verein zum Beispiel im Februar seine restlichen Schulden in Höhe von rund 500000 Euro vorzeitig an die Stadt zurückzahlen. Dieses Geld gehörte zu einem Darlehen von 1,25 Millionen Euro, das den Verein im Jahr 2008 vor der Insolvenz bewahrt hatte. Beim nächsten Treffen mit Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller fordert Lehmann deshalb, dass Müller die Wirtschaftszahlen offen darlegt.

Verwirrende Verträge

„Wenn der Verein beim Spielbetrieb die Schraube nach oben dreht und davon ausgeht, dass die Stadt den Rest wie gewohnt beisteuert, wird diese Rechnung nicht aufgehen“, kündigt Lehmann an. Dynamo-Geschäftsführer Müller sieht ebenfalls eine positive wirtschaftliche Entwicklung des Vereins. „Dennoch ist Dynamo nicht plötzlich gesundet, die Lage bleibt angespannt und der finanzielle Druck erheblich“, sagt Müller. Denn die positive Entwicklung sei vor allem die Folge von Einmaleffekten, wie etwa dem Weiterkommen im DFB-Pokal samt eines live im Fernsehen übertragenen Spiels in der vergangenen Saison. Effekte also, die sich ihm zufolge nicht zwingend wiederholen werden.

Zudem bewertet Müller die zu tragende Stadionmiete in Dresden als vergleichsweise hoch. „Deshalb wird der Zuschuss auch in Zukunft existenziell für Dynamo sein, und die Grundlagen für dessen Bemessung haben sich nicht geändert.“ Christian Müller sieht außerdem das Vertragskonstrukt zwischen dem Verein, der Stadt und dem Stadionbetreiber als „ungewöhnlich komplex“ an.

Schon seit Monaten gibt es Pläne, den Konzessionsvertrag zwischen den drei Parteien zu entflechten. Denn immer wieder hatte die unterschiedliche Auslegung der Verträge für Streit gesorgt. Zuletzt forderte die Stadionprojektgesellschaft 700000 Euro von Dynamo. Ein zur Klärung angesetzter Termin vor dem Landgericht wurde kurzfristig abgesagt. Nun wollen sich Stadionbetreiber und Verein außergerichtlich einigen. Zur Lösung des Vertragsproblems sollte zudem ein Ende Mai durchgeführter Workshop beitragen. Zu konkreten Ergebnissen kam es jedoch nicht.

Vielmehr einigten sich die Vertreter auf die Einberufung einer Arbeitsgruppe, die sich des Themas intensiver annehmen soll. Bisher gibt es diese Arbeitsgruppe noch nicht, gibt Sportbürgermeister Winfried Lehmann zu. Das soll in nächster Zeit nachgeholt werden. Lehmann plädiert allerdings dafür, den bisherigen Vertrag beizubehalten: „Man sollte aufhören, immer wieder an dem Konzessionsvertrag zu zweifeln. Der Vertrag wird so bestehen bleiben. Ich kann nur davor warnen, dass man dieses Grundkonstrukt wieder aufbindet.“


Sächsische Zeitung, 28. August 2012

Sportminister und Dynamo Dresden arbeiten an mehr Sicherheit

Dresden. Die Vereinsspitze des Fußballklubs Dynamo Dresden will die Sicherheitsmaßnahmen während der Spiele weiter verbessern.

Nach einem Treffen mit Sachsens Innen- und Sportminister Markus Ulbig (CDU) erklärten gestern Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller und Präsident Andreas Ritter, dass es vor allem bei Auswärtsspielen des Vereins noch Handlungsbedarf gebe. Sie kündigten an, beim Deutschen Fußballbund (DFB) zu beantragen, dass es künftig für Gastgeber von Fußballspielen eine Anhörungspflicht für die Sicherheitsinteressen der anreisenden Gastmannschaft geben soll.

Auf die Weise will Dynamo erreichen, dass man eigene Sicherheitskonzepte bei Auswärtsspielen besser umsetzen kann. Nach Angaben der beiden Fußballfunktionäre musste Dynamo Dresden allein in der Vorsaison 500000 Euro Strafe für das Fehlverhalten von Zuschauern bezahlen – vor allem bei Auswärtsspielen. Die Situation bei den Heimspielen in Dresden bewerteten sie als deutlich besser. Das habe dafür gesorgt, dass die Zahl der Einsatzstunden der Polizei seit 2008 um ein Drittel zurückging. Man sei sich mit dem Minister einig, dass die Polizeipräsenz nach Möglichkeit weiter sinken soll. Im Gegenzug sagte auch Ulbig dem Klub Unterstützung zu. So will er nun im Kabinett den ungelösten Streit um das aktuelle Dynamo-Trainingsgelände im Dresdner Großen Garten thematisieren und auch mit der Staatlichen Gärtenverwaltung sprechen. (SZ/gs)


spox.com, 28. August 2012

Dresdens Benjamin Kirsten im Interview

Benjamin Kirsten verlängerte im Juni 2012 seinen Vertrag bei Dynamo Dresden bis 2015

"Ich war von Manuel Neuer enttäuscht"

Schon wegen seines Vaters Ulf ist Benjamin Kirsten eng mit Dynamo Dresden verbunden. Im Interview spricht der Torwart über Auswärtsfahrten als Dynamo-Fan, sein Fast-Karriereende und verrät, warum ihn die Wahrnehmung seines Klubs traurig macht.

SPOX: Herr Kirsten, Dynamo Dresden hat aus den ersten drei Saisonspielen vier Punkte geholt. Dabei waren die Erwartungen nach der guten Vorbereitung riesengroß. Sind Sie zufrieden mit der Ausbeute?
Benjamin Kirsten: Wir hatten mit Manchester City und West Ham zwei Hochkaräter, die eine gewisse Klasse haben und haben die Spiele gut über die Bühne gebracht. Leider hat es dann zum Start nicht ganz so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber so ein Rückschlag ist für das Umfeld auch ein Zeichen, dass Vorbereitungsspiele kein Gradmesser für den Ligabetrieb sind. Als Spieler müssen wir realistisch bleiben.

SPOX: Hat das Transfer-Hick-Hack um Mickael Pote die Mannschaft belastet?
Kirsten: Verhandlungen um Spielerverträge und Transfers gehören im Fußball dazu. Wir sind mit einem gelernten Stürmer ins Trainingslager gefahren und wussten, dass wir nach dem Abgang von Zlatko Dedic noch einen Stürmer brauchen. Das Mickael jetzt bleibt, kann für uns nur ein Gewinn sein.

SPOX: Beim letzten SPOX-Interview standen Sie kurz vor dem Aufstieg in die 2. Liga. Erst kürzlich haben Sie Ihren Vertrag bis 2015 verlängert. Gab es auch interessante Angebote von anderen Vereinen?
Kirsten: Es gab konkrete Angebote. Aber ich habe von Anfang an klar signalisiert, dass ich in Dresden bleiben möchte. Ich habe schon ein Wahnsinnsangebot ausgeschlagen, als wir aufgestiegen sind, weil ich meinen Weg weiter führen wollte. Ich will nie den Verein verlassen, weil ich irgendwo mehr Geld verdiene.

SPOX: Ihre Verbindung zum Verein ist sehr eng. Sie haben zwischenzeitlich sogar die Jugend-Torhüter trainiert.
Kirsten: Das war nach dem Aufstieg in die 2. Liga zeitlich nicht mehr möglich. Leider ist mittlerweile auch kein einziger von ihnen mehr da. Sie spielen alle im Nachwuchs von Bundesliga-Vereinen. Man muss gucken, dass man den Jungs auch klar macht, dass Dynamo nicht irgendein Verein ist. Gerade in der Jugend.

SPOX: Ist das in der ersten Mannschaft ähnlich? Immerhin stehen mittlerweile fünf Sachsen im Kader.
Kirsten: Marcel Franke, Toni Leistner, Robert Koch, Sebastian Schuppan, ich - stimmt. Obwohl hier mehr Wert darauf gelegt wird, dass es echte Dresdner sind. Die Spieler aus der Region kennen sich natürlich gut aus, als Mannschaft geht man auch mal abends weg. Ich bin ein bisschen ruhiger geworden, war aber auch früher eher der Spieler, der in der Sportsbar ein Bier getrunken hat.

SPOX: War die Integration bei Ihnen noch schwerer?
Kirsten: Ich habe damals das Glück gehabt, dass Maik Wagefeld mir unter die Arme gegriffen hat. Ich habe sogar ein paar Mal bei ihm übernachtet. Dafür bin ich ihm unheimlich dankbar, weil ich das erste Mal außerhalb meines Elternhauses war.

SPOX: Mittlerweile sind Sie eines der Aushängeschilder des Vereins. Das erinnert an Kevin Großkreutz bei Borussia Dortmund oder Manuel Neuer in seiner Schalker Zeit. Sehen Sie da Parallelen?
Kirsten: Ich habe mit Manuel Neuer in der Jugend viel zusammen gespielt. Ich muss sagen, ich war von ihm enttäuscht, dass er den Schritt nach München gemacht hat. Er hätte auf Schalke eine Situation erreichen können wie Iker Casillas bei Real Madrid. Ich kann mich nicht in den Block reinstellen und "Scheiß irgendwas" rufen und dann später dahin wechseln. Du baust dir etwas auf und reißt es mit einem Mal ein. Deswegen muss man sich manchmal auch auf die Zunge beißen und den schwierigeren Weg gehen. Ich habe meinen Vertrag um drei Jahre verlängert, weil ich so etwas nicht darstellen wollte. Deswegen ist es auch schwer, mich mit Manuel Neuer zu identifizieren.

SPOX: Apropos Block: Da standen Sie früher selbst bei Dresdner Auswärtsspielen.
Kirsten: Der Verein hat mich in meinen Kindheitsjahren nie losgelassen. Das war schwierig, als der Verein sehr tief in der Versenkung verschwand und nur durch die Fans am Leben geblieben ist. Der K-Block, also die Stehplätze im Dresdner Stadion , ist leider von der Strecke für mich etwas zu weit gewesen. Ich bin froh, dass ich - als ich alt genug war - auf die Auswärtsfahrten mit durfte. Das hat mich geprägt.

SPOX: Wie war denn das Gefühl, als Sohn des Vereinsidols Ulf Kirsten mit den Fans herumzureisen?
Kirsten: Es gab immer einen Unterschied zwischen Leverkusener und Dresdner Fans. In Leverkusen dachten die Leute immer: "Der macht das nur, weil sein Vater hier spielt." Bei den Dynamo-Fans habe ich mich gefühlt wie einer von ihnen. Man geht in den Block rein und all das, was immer negativ dargestellt wird, deckt sich nicht mit dem, was man da erlebt.

SPOX: Also ärgern Sie sich über die öffentliche Wahrnehmung Ihres Klubs?
Kirsten: Was heißt ärgern? Es macht mich traurig. Jeder Verein in ganz Deutschland hat Probleme damit. Ich kann mich an ein A-Jugend-Spiel von Dortmund erinnern, da gab es 100 Festnahmen. Fakt ist eins: Es gibt keinen Zweitligisten, der auswärts so viele Fans mitbringt wie wir. Vielleicht sollte man sich auf die schönen Dinge ein bisschen mehr konzentrieren als immer auf die negativen.

SPOX: Ein positives Erlebnis dürfte für Sie gewesen sein, als Sie der Capo in die Kurve gerufen hat.
Kirsten: Das war Balsam nach meiner langen Verletzungsphase. Natürlich hat der Trainer das nicht ganz so euphorisch aufgefasst, unsere beiden anderen Torhüter waren verletzt. Ich hätte mir das aber nicht nehmen lassen. Das stellt für mich die Verbindung zwischen Fans und Mannschaft dar. Wenn ich das verlieren würde, könnte ich nicht mehr Fußball spielen.

SPOX: Sie hatten im Sommer zuvor Ihren Vertrag verlängert, waren aufgestiegen und fielen dann lange aus. Wie schwer war die Zeit für Sie?
Kirsten: Wichtig war zu der Zeit, wieder schmerzfrei spielen zu können. Die Schambeinentzündung war so weit fortgeschritten, dass ich ernsthafte Bedenken hatte, sie nie mehr loszuwerden. Es war die Hölle. Jeder Ball wie ein Blitzschlag, da kriegt man einfach Angst. Ich war sieben Wochen in der Reha und hatte nicht den kleinsten Fortschritt.

SPOX: Nach vierzehn Wochen konnten Sie dann endlich die Reha verlassen.
Kirsten: Meine Frau hat mir unheimlich geholfen in der Zeit. Ohne sie hätte ich das nicht so gut überstanden. Schon im Oktober 2010 hätte ich fast aufgehört. Ich war in einem Loch, nachdem ich gegen Sandhausen die große Chance hatte, Nummer eins zu werden und zwei Fehler gemacht habe, die zum Tor führten. Wir haben 1:4 verloren. Ich habe auf ihren Rat hin viele Sachen geändert. Ich habe angefangen, anders über Training und Einstellung zu denken.

SPOX: Mittlerweile haben Sie auch eine Tochter. Hat Sie das zusätzlich verändert?
Kirsten: Ich bin fokussierter. Das ist eine unheimliche Verantwortung, die ich aber sehr gerne habe. Ich bin froh, dass sie nach meiner Frau kommt und ruhig ist. Ich war ein brutales Schreikind. Die Kleine ist morgens oft wach und haut mir ins Gesicht, damit ich auch wach werde. Außerdem freue ich mich, dass ich ein Mädchen bekommen habe. Wenn ich mit dem Sohn anfangen müsste, Fußball zu spielen - das würde mich komplett aus dem Ruder werfen.

SPOX: Weil der Sohn dann auch in die Fußstapfen Ihres Vaters treten müsste?
Kirsten: Man muss sagen, dass mein Vater nicht nur in Dresden, sondern im gesamtdeutschen Fußball eine Lücke hinterlassen hat, die nicht zu schließen ist. Mein Vater wird überall herzlich empfangen - selbst bei Spielen vom 1. FC Köln. Das finde ich super. Wenn die Leute nach meiner Karriere mit mir so umgehen wie mit ihm, dann wüsste ich, dass ich alles richtig gemacht habe.

SPOX: Und sportlich?
Kirsten: Sportlich sind die Fußstapfen enorm groß. Ich habe versucht, die Erwartungen anders zu erfüllen. Das war in Dresden einfacher als in Leverkusen. Da war es automatisch so: Wenn du der Sohn von Ulf Kirsten bist, bist du automatisch superstark und der Beste und musst Stürmer werden. Alle Sachen zu erfüllen war nicht möglich.

SPOX: Sie...
Kirsten: Eins muss ich noch sagen: Was mir immer unheimlich leid für meinen Vater tut, ist, dass er nie Deutscher Meister geworden ist. Ich habe meinen Vater zweimal weinen sehen: Einmal nach Unterhaching und einmal nach seinem Abschiedsspiel. Wenn ich's könnte, würde ich meine Karriere dafür hinschmeißen, dass Papa Deutscher Meister wird.

SPOX: Ein Erfolg des Sohnes würde Ihren Vater sicher auch glücklich machen. Welche Schlagzeilen würden Sie gerne mal über sich selbst lesen?
Kirsten: Ich habe so viele Ziele, die ich gerne noch in der Zeitung lesen würde. Jetzt bin ich 25, bis 37 will ich spielen. Heißt: "2024 - Benjamin Kirsten ist Rekordspieler von Dynamo Dresden". Die zweite: "Benjamin Kirsten unterschreibt Rentenvertrag", und "SG Dynamo Dresden steigt in die erste Liga auf".


Sächsische Zeitung, 21. August 2012
Stadionbauer verliert vor Gericht gegen die Stadt

Fast drei Jahre nach der Eröffnung des neuen Dynamo-Stadions sind noch immer nicht alle finanziellen Fragen geklärt. So musste jetzt die „Arbeitsgemeinschaft Ersatzneubau Rudolf-Harbig-Stadion“ eine Schlappe vor dem Dresdner Landgericht hinnehmen. Die Gemeinschaft, bestehend aus dem Stadionbauer HBM und der GTE Gebäude- und Elektrotechnik GmbH, hatte von der Landeshauptstadt eine hohe Nachzahlung gefordert. Diese ergab sich aus Differenzen zwischen der Planungsphase im Jahr 2004 und dem tatsächlichen Baubeginn 2008.

Laut Gerichtssprecher Ralf Högner beläuft sich der Streitwert auf 6,5 Millionen Euro. „Aber die Klage wurde vom Gericht abgewiesen“, sagt Högner. Ihm zufolge hat der Kläger einen Monat nach Zustellung des Urteils Zeit, Berufung einzulegen. HBM-Geschäftsführer Axel Eichholtz sieht das Urteil als Fehlentscheidung an. Ob Berufung eingelegt wird, sei noch unklar. „Wir müssen das Urteil erst einmal in Ruhe lesen. Dann wird im Gremium eine Entscheidung gefällt“, sagt Eichholtz. (jr)


Sächsische Zeitung, 18. August 2012

Finanzspritze für Sanierung von Fanhaus

Im Dynamo-Fanhaus in der Löbtauer Straße 17 sollen noch in diesem Jahr die Handwerker anrücken. Die Stadt will das Gebäude teilweise sanieren und Brandschutztechnik einbauen lassen. Sie hatte 2010 das Grundstück gekauft. Der Verein Fanprojekt Dresden bietet dort jugendlichen Dynamo-Anfängern einen festen Treffpunkt mit verschiedenen Angeboten.

Die Stadt will außerplanmäßig rund 347000 Euro für die Arbeiten bereitstellen. Dafür ist allerdings noch die Zustimmung des Finanzausschusses nötig, der sich am kommenden Montag trifft.

Mit der Sanierung sollen Auflagen einer Baugenehmigung aus dem Jahr 2006 umgesetzt werden. Geplant ist, einen zweiten Flucht- und Rettungsweg anzulegen. Außerdem sollen ein Fankino und ein zweites WC ausgebaut werden. Die Handwerker werden den Keller des alten Gebäudes trockenlegen, technische Anlagen erneuern, die Fassade sanieren und die Fenster mit ordentlichem Sonnenschutz ausstatten. Die umfangreichen Arbeiten dauern bis 2013. (SZ/phi)


Sächsische Zeitung, 18. August 2012

So geht der neue Chef die Großbaustelle Dynamo an
Von Sven Geisler

Christian Müller weiß jetzt, wie im Verein der Hase läuft. Und er hat klare Vorstellungen, wie er die Probleme lösen will.

Bisher ist Christian Müller öffentlich kaum in Erscheinung getreten. Dynamos neuer Geschäftsführer wollte erst einmal herausfinden, wie der Hase läuft im Verein. „Wenn man von außen kommt, gehört es sich nicht, als Poltergeist aufzutreten und zu sagen: Ich weiß alles besser“, sagt er. Vor zwei Monaten trat der 48-jährige Kölner das Amt bei dem Fußball-Zweitligisten in Dresden an. Seitdem hat er keine Zeit gefunden, Sport zu treiben, dafür aber im Büro Aktenberge gewälzt. Am Freitag äußerte sich Müller zum ersten Mal in einem ausführlichen Pressegespräch, wie er die Großbaustelle Dynamo angehen will.

Der sportliche Erfolg

„Chapeau“, sagt Müller und zieht symbolisch den Hut vor Steffen Menze und Ralf Loose. Sportchef und Trainer sei es gelungen, trotz eines nur geringfügig erhöhten Budgets fast alle Stammspieler der vergangenen Saison zu halten und die Mannschaft gezielt zu verstärken. Für mindestens einen, vielleicht sogar zwei Spieler, „die auf Höhe der Mittellinie und davor agieren können“, reiche das Geld noch, „wenn er nicht Messi heißt. Aber an dem sind wir nicht dran“.
Müller schloss nicht aus, dass Dynamo bereit wäre, eine Ablöse zu zahlen, wenn der Stürmer dafür am Gehalt Abstriche macht. Sein Vergleich: „Wie Martinez bei den Bayern.“ Dazu müsste der Aufsichtsrat von seiner Linie abweichen. Der dem Gremium unterstellte Geschäftsführer sagt: „Denkverbote sollte es nicht mehr geben.“ Als Saisonziel nennt er einen Mittelfeldplatz. „Ob das Platz zwölf oder acht ist, wird man sehen.“

Die Vereinsfinanzen

Müller kann auf einer soliden Basis arbeiten, die seine Vorgänger Stefan Bohne, Volker Oppitz und zuletzt als Interimsgeschäftsführer Stefan Henke geschaffen haben. In der vorigen Saison habe der Verein nicht nur ein „enormes Umsatzwachstum“, sondern auch ein positives Ergebnis erreicht. Wie hoch das Plus sein wird, wollte Müller vor dem Abschluss der Abrechnung nicht sagen. Er werde auf wirtschaftliche Vernunft setzen, betonte Müller. „Das ist die Maxime für alles.“ Andererseits wisse er aus seiner Erfahrung als Unternehmensberater, dass es am schwierigsten ist, bei einem Sanierungsfall vom rigorosen Spar- wieder in einen Investitionsmodus mit Augenmaß umzuschalten. Das sei aber auch bei Dynamo nötig, um die Entwicklung nicht zu gefährden.

Das Kölmel-Darlehen

Dynamo drücken die Altschulden aus dem zwischen 1999 und 2001 gezahlten Darlehen von Medienunternehmer Michael Kölmel. Um die damals abgegebenen Fernsehrechte zurückzuerwerben, müsste der Klub zum 30.Juni 2015 außer den 5,8Millionen Euro für die Tilgung einen Kaufpreis von etwa 1,2Millionen aufbringen. Anfang dieser Woche hat sich Müller mit Kölmel getroffen. Es bestehe zurzeit kein akuter Handlungsbedarf. Kölmel könnte durchaus ein Interesse haben, das Darlehen zu verlängern. Denn als Zweitligist erhält Dynamo rund vier Millionen Euro Fernsehgeld pro Saison – und er kassiert zehn Prozent.

Die Stadionverträge

„Ein wirklich dickes Brett“, sagt Müller über die Stadionverträge: „Es gibt sicher nicht viele Stadien in Deutschland, die in so komplizierten Vertragsverhältnissen betrieben werden.“ Das sei aber auch darauf zurückzuführen, dass sich der Verein bei der Planung des Stadionneubaus „nicht von seiner besten Seite gezeigt“ habe. Jetzt will Müller mit der Stadionprojektgesellschaft und der Stadt nach Möglichkeiten suchen, das Konstrukt aus Erlösbeteiligungen, Werberechten und Abgaben zu vereinfachen.

In der vorigen Saison musste Dynamo nach Berechnungen seines Vorgängers Oppitz etwa 4,2Millionen Euro für die Nutzung der Spielstätte zahlen. 1,2Millionen davon übernahm die Stadt. Der im März 2011 beschlossene Kompromiss zur Stadionmiete gilt auch für diese Spielzeit. Er muss für die Lizenz 2013/14 neu ausgehandelt werden.

„Dass die Miete aus Sicht von Dynamo vergleichsweise zu hoch ist, ist eine Tatsache und lässt sich schnell belegen“, sagt Müller, aber: Er nennt keine Obergrenze. Bisher argumentierte der Klub, maximal 500000 Euro zahlen zu können, allerdings nach den Maßstäben der 3.Liga. Der neue Chef berechnet nach der neuen Ausgangsposition. „Dynamo betrachtet sich als Zweitliga-Verein, der davon ausgehen kann, sein Stadion gut auszulasten und das nicht nur auf den Steh- oder Sitzplatzrängen, sondern auch bei den Business-Sitzen und Vip-Logen“, sagt Müller. Er wisse, dass kommunales Geld knapp ist. Es sei die Frage, „was die Stadt bereit ist, für die Erweiterung ihrer tollen Palette an Sehenswürdigkeiten durch dieses Stadion beizusteuern“.

Sein neuer Stil: Er setzt auf Gespräche statt Prozesse. Die juristischen Auseinandersetzungen mit der Projektgesellschaft erklärt er für beendet. „Ich glaube nicht, dass man konstruktive Lösungen findet, wenn man sich vor Gericht trifft.“

Die Fanproblematik

Die Fanproblematik, sagt Müller, habe fast die Tragweite einer Gretchenfrage. „Es ist ein Phänomen, dass sich viele Fans so emotional mit dem Verein identifizieren, dass sich Aggressionen entladen.“ Als er an seinem Schreibtisch Platz nahm, lag bereits ein Urteil des Sportgerichts drauf: Teilausschluss der Zuschauer im ersten Heimspiel gegen 1860München. Damit wurde das Fehlverhalten von Anhängern im Mai geahndet. Nachdem mehrere Fangruppen das Spiel am Montag boykottierten und nur 9772 Zuschauer das 2:2 der Schwarz-Gelben gegen die Löwen sahen, beziffert Müller den finanziellen Verlust allein im Ticketverkauf auf 300000Euro. Noch gravierender sei der Imageschaden. Sein Motto: Gänsehautstimmung ja, Regelübertretung nein! Er setzt dabei auf verstärkte Kommunikation – und eine klare Abgrenzung. „Wer Dinge tut, von denen er weiß, dass sie empfindliche Strafen für den Verein nach sich ziehen, kann kein Fan von Dynamo Dresden sein. Und wir werden mit aller Kraft versuchen, sie daran zu hindern, weiter auf dieser Plattform ihr Unwesen zu treiben“, erklärt Müller.
Dem Einsatz von Pyrotechnik erteilt er eine unmissverständliche Absage. „Es gibt eine Null-Toleranz-Politik auf Druck der Ordnungsmacht in diesem Staat. Und das Stadion ist kein rechtsfreier Raum.“ Er nimmt die Fans in die Pflicht, selbst darauf zu achten, was im Block passiert. Sein Ziel ist es, die Pufferzonen im Stadion , durch die rund 3000Plätze frei bleiben müssen, zu verkleinern. „Es ist unerfreulich, dass es die in Dresden geben muss, während die meisten Stadien in Deutschland sie nicht brauchen.“

Die Infrastruktur

Der Verein brauche eine Heimat, sagt Müller. Im Stadion war nie Platz für eine Geschäftsstelle geplant, geschweige denn für ein Nachwuchsleistungszentrum, das im Ostragehege untergebracht ist. Die Profis sind auf den Trainingsplätzen im Großen Garten „unter suboptimalen Bedingungen“ nur geduldeter Mieter. Der Geschäftsführer formuliert defensiv: „Wenn wir nach dieser Saison einen konkreten Plan hätten, wäre das ein Erfolg. Die Umsetzung wird noch ein bisschen dauern.“

Der Nachwuchs

Dynamo hat seit 1.Juli keinen Leiter für das Nachwuchsleistungszentrum. „Wir suchen den richtigen Kandidaten und nicht den, der am schnellsten verfügbar ist“, sagt Müller. Er müsse „eine Galionsfigur mit Kompetenz“ sein, das Stehvermögen haben, mit Strömungen umzugehen und sich bei den Trainern durchzusetzen. Und er müsse junge Fußballer auch als Persönlichkeit entwickeln.

Die Fluktuation

Die einzige Konstante in Dynamos Führungsetage war in den vergangenen Jahren die Fluktuation. Müller ist der sechste Hauptgeschäftsführer binnen fünf Jahren. Auch in den anderen Vereinsgremien und auf der Geschäftsstelle sind Personalwechsel an der Tagesordnung.

Müllers Erkenntnis: „Der Verein ist insofern besonders, dass viele Akteure mit großer Leidenschaft dabei sind, die sich aber manchmal nicht gleichgerichtet zeigt. Dadurch kommt es dazu, dass Leute, die es gut mit Dynamo meinen, trotzdem mehr gegen- als miteinander arbeiten.“ Sein Therapieansatz: „Ich versuche nichts zu tun, ohne es möglichst vielen Betroffenen zu erklären. Und wenn sich Gremien ins Gehege kommen, werde ich mich um einen Ausgleich bemühen. Das mag im Einzelfall unmöglich sein, aber einen Versuch scheint es mir wert.“

Müller wird vor allem Rückgrat und starke Nerven brauchen, um seine Vorstellungen umzusetzen.


Sächsische Zeitung, 15. August 2012

Der Weg zurück ins Stadion
Von Juliane Richter

90 Dynamofans sind derzeit als Zuschauer ausgeschlossen. Korinna Dittrich will sie mit einem neuen Projekt schneller wieder in die Arena bringen. Denn draußen lauert oft die größere Gefahr.

Korinna Dittrich leitet das Projekt „Raus aus dem Abseits“. Fans mit Stadionverbot können dort Seminare absolvieren. Wer erfolgreich teilnimmt, darf schneller wieder ein Spiel live verfolgen. Foto: André Wirsig

Das Klischee ist eindeutig: Wer ein Stadionverbot ausgesprochen bekommt, gilt als Randalierer, mitunter sogar als Schläger. Korinna Dittrich vom Dresdner Fanprojekt weiß, dass das Klischee zutreffen kann – oft aber auch weit weniger gravierende Gründe für ein Stadionverbot vorliegen.

„Die wenigsten Verstöße passieren direkt im Stadion , wie etwa der Einsatz von Pyrotechnik oder ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Häufiger kommen Raubdelikte oder Diebstahl außerhalb des Stadions vor“, sagt die 29-jährige Soziologin. So sei zum Beispiel schon einmal ein Stadionverbot ausgesprochen worden, weil ein Fan an einer Tankstelle eine Dose Bier gestohlen hat. Der Vorgang ist dabei stets derselbe: Sobald die Polizei rund um ein Spiel ein Ermittlungsverfahren gegen einen Fußballfan einleitet, wird das Stadionverbot ausgesprochen. Selbst wenn die Ermittlungen gegen den Beschuldigten irgendwann eingestellt werden, bleibt derjenige in der Zwischenzeit von Spielen ausgesperrt. Im Höchstfall kann das mehr als drei Jahre andauern – für echte Fans ein schwerer Schlag. Nach Angaben der Dresdner Polizei haben derzeit etwa 90 Dynamofans deutschlandweit rund 100 Stadionverbote. Einige bekamen von mehreren Vereinen ein Verbot ausgesprochen. „Insgesamt hat die SG Dynamo Dresden als Hausrechtsinhaber derzeit 81 Verbote verhängt“, sagt Polizeisprecher Thomas Geithner.

Besonders das Verbot für das heimische Stadion schmerzt. Weil die betroffenen Dynamoanhänger im Dresdner Fanprojekt Rat suchen, kennt Korinna Dittrich viele ihrer Geschichten. „Oft wissen sie nicht, dass sie beim Verein zu der Sache angehört werden können, falls sie sich ungerecht behandelt fühlen“, sagt sie. Die Stadionverbotsanhörungskommission (SVAK), die sich aus Vertretern des Vereins und des Fanprojekts zusammensetzt, entscheidet dann im Einzelfall, ob das Verbot aufgehoben oder auf Bewährung ausgesetzt wird. Den Weg ins Stadion erleichtern kann außerdem das neue Projekt „Raus aus dem Abseits“, das Korinna Dittrich im Dresdner Fanprojekt leitet. Das Projekt, das von der Robert Bosch Stiftung und der Bundesliga-Stiftung gefördert wird, soll Ende des Monats beginnen und im Glücksgas-Stadion stattfinden.

Einlass auf Bewährung

„Dabei sollen sich die Teilnehmer mit ihren Delikten intensiv auseinandersetzen. Es geht um Selbstwahrnehmung, Problemlösungsstrategien und auch das Vermitteln von Werten und Normen“, sagt Korinna Dittrich. Dass jemand nur passiv daran teilnimmt, schließt sie aus. Beim Verein Dynamo Dresden stößt das Projekt auf große Zustimmung. Der Fanbeauftragte Marek Lange wird ebenfalls oft mit den Problemen der ausgeschlossenen Fans konfrontiert. „Das Projekt ist ein sinnvollerer Weg, als die Leute nur auszusperren und sich selbst zu überlassen“, sagt Lange. Wie Korinna Dittrich sieht er die Gefahr, dass die Ausgesperrten draußen vor dem Stadion eher noch neuen Ärger verursachen als drinnen. Vor allem, wenn sie das Verbot als nicht gerechtfertigt ansehen und sich Frust aufbaut. „Aber ein Stadionverbot ist nicht per se schlecht. Im Prinzip ist es für den Verein ja die einzige Handhabe gegen Fans, die sich nicht an die Stadionordnung halten“, sagt Lange. So gebe es durchaus auch gerechtfertigte Fälle, wie etwa bei Körperverletzung.

So ist das Ziel von „Raus aus dem Abseits“ zwar, dass das Stadionverbot der Betroffenen nach erfolgreicher Teilnahme verkürzt oder aufgehoben werden kann. „Allerdings soll es so geregelt sein, dass das Verbot bei Fehlverhalten sofort wieder in Kraft treten kann“, sagt Korinna Dittrich. Ein Rest Skepsis bleibt. Auch der Dynamo-Fanbeauftragte warnt: „Man muss realistisch sein. Alle wird man natürlich nicht sensibilisieren können.“

Kontakt zum Fanprojekt unter 0351 4852049 oder 0177 3303278.


Sächsische Zeitung, 13. August 2012

Schleppender Ticketverkauf fürs erste Heimspiel

Nicht einmal 10.000 Tickets kann Dynamo Dresden für das erste Heimspiel der Saison am Montag verkaufen.

Dresden. Beim Fußball-Zweitligisten Dynamo Dresden ist die Vorfreude auf das erste Heimspiel in der neuen Saison getrübt. Nach der 1:2-Auftaktniederlage in Bochum üben sich die Fans vor dem Duell am Montagabend gegen 1860 München in Zurückhaltung, denn bisher wurden nur 8.600 Tickets verkauft. „Ich bin sehr überrascht davon und wir müssen uns Gedanken machen, was da los ist“, sagte Trainer Ralf Loose am Sonntag.
Bei der Montags-Partie dürfen nach einem Teilausschluss der Zuschauer ohnehin nur 13.000 eigene und 3.000 Gästezuschauer ins Stadion. Damit ahndete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Vorkommnisse im Heimspiel der vergangene Saison gegen 1860 München und beim FSV Frankfurt. Im Vorverkauf durfte jeweils nur ein Ticket pro Person erworben werden. Zudem mussten die Fans ihren Namen angeben, der dann auf dem Ticket steht, am Spieltag muss zudem gegen Aufforderung den Personalausweis vorgezeigt werden. „Das ist in unseren Augen ein Grund für den schleppenden Vorverkauf, aber auch andere Faktoren wie die weite Anreise der Fans von außerhalb an einem Montagabend spielen eine Rolle“, erklärte Henry Buschmann, Mitarbeiter der Dynamo-Kommunikationsabteilung.

Trotz der geringeren Unterstützung will das Loose-Team in die Erfolgsspur finden. Dabei wird der Coach auf Stürmer Pavel Fort verzichten. Für ihn rückt der Franzose Idir Ouali in die Startelf, wird als Mittelfeldspieler Fort aber nicht eins zu eins ersetzen. Verzichten muss der Coach auf Innenverteidiger Bjarne Thoelke, der sich eine Sprunggelenksverletzung zugezogen hat.


Sächsische Zeitung, 11. August 2012

Kein Gesang vom Stehrang
Von Daniel Klein

Gegen 1860 München bleibt am Montag ein Teil des Stadions gesperrt. Dynamo hat reichlich Erfahrung mit leeren Plätzen. Sportlich waren diese Spiele aber meist ein Erfolg.

Wenn Benjamin Kirsten am Montagabend seinen Arbeitsplatz im Tor von Dynamo Dresden einnimmt, muss er auf ein Ritual verzichten: Der Gruß zu den Fans im K-Block, die normalerweise eine Halbzeit lang im Wortsinn wie eine Wand hinter ihm stehen, fällt aus. Es würde niemand zurückwinken. Die Stehplatz-Traversen im Glücksgas-Stadion bleiben beim Heimspiel gegen 1860 München leer. „Natürlich ist das ungewohnt“, sagt Kirsten, „aber wir sind Profis und müssen mit dieser Situation umgehen können.“

Insgesamt dürfen nur 13000 Dynamo-Anhänger eine personalisierte Sitzplatzkarte kaufen. So lautet das Urteil des Deutschen Fußballbundes, nachdem Chaoten beim Saisonfinale in Frankfurt nach Spielende den Innenraum gestürmt hatten. Die finanziellen Folgen lassen sich ausrechnen: Neben der vom DFB verhängten Geldstrafe über 20000 Euro büßt Dynamo auch Einnahmen aus den Ticketverkäufen ein. Gegenüber einem mit knapp 30000 Zuschauern voll besetzten Stadion sind das rund 150000 Euro.

Die sportlichen Folgen dagegen sind nicht so leicht messbar. „Natürlich ist es für uns ein Nachteil, wenn wir nicht diese besondere Atmosphäre eines ausverkauften Stadions nutzen können“, meint Trainer Ralf Loose. „Es heißt ja nicht umsonst 12. Mann.“ Auch Sportdirektor Steffen Menze sieht den Zuschauerzuspruch in Dresden als „einen klaren Vorteil gegenüber unseren Konkurrenten“. Auf den muss die Mannschaft am Montag nun – zum Teil – verzichten. Ärgerlich ist dies auch, weil der Auftakt in Bochum verloren ging und mit den Münchner „Löwen“ eine der stärksten Mannschaften der zweiten Liga nach Dresden kommt. Eine zweite Niederlage würde die Nerven jedenfalls nicht beruhigen.

Doch die droht ohnehin nicht – glaubt man an die Statistik. Zweimal schon trat Dynamo im Rudolf-Harbig-Stadion, wie es damals noch hieß, vor halbleeren Rängen an. In beiden Fällen gewann der Gastgeber (siehe Tabelle). Bei der unfreiwilligen Premiere lagen auf den Sitzschalen Handzettel mit der Aufforderung, wachsam zu sein. Die Tabelle zeigt: Nachhaltig gewirkt hat das nicht.

Auch beim zweiten Heimspiel unter Teilausschluss der Zuschauer gab es Grund zum Feiern. Die Amateure des FC Bayern verloren 2:3, Holger Badstuber köpfte ein Eigentor. Außerdem gehörten Thomas Müller, Diego Contento, Thomas Kraft (inzwischen Hertha BSC) und Mehmet Ekici (Werder Bremen) zur Startelf der Münchner.

Doch nicht nur mit halbleeren Stadien, auch mit Geisterspielen hat Dynamo schon Erfahrungen gesammelt. Geht es nach Torhüter Kirsten, würde er auf eine Wiederholung gerne verzichten. „Es schallte unheimlich, man hört jedes Kommando“, erinnert sich der 25-Jährige, dessen Vertrag vorzeitig bis 2015 verlängert wurde, an die Nullnummer gegen den FC Ingolstadt. Knapp 42000 Geistertickets verkaufte der Verein damals und glich damit den finanziellen Schaden aus. Der Imageschaden jedoch, der blieb.

Der droht auch am Montag, denn der Spartensender „Sport1“ überträgt die Partie live. Der Kommentator wird erklären, warum so viele Plätze leer bleiben. Zumal Dynamo überraschend Schwierigkeiten hat, die 13000Karten zu verkaufen. Einige Fangruppen boykottieren den Vorverkauf und protestieren damit gegen die vom DFB geforderte Personalisierung, also die Angabe persönlicher Daten, beim Bezahlen.
Doch auch wenn einige Karten übrig bleiben – fünfstellig wird die Zuschauerzahl garantiert. „Und das ist auf jeden Fall besser als ein Geisterspiel“, findet Kirsten. „Es ist auch noch nicht allzu lange her, da hätten wir uns über einen solchen Zuspruch schon gefreut.“