Jahr 2011


Sächsische Zeitung, 1. Dezember 2011

Wie sich Dynamo gegen das Pokalaus wehrt
Von Daniel Klein

Der Zweitligist will alle Rechtsmittel ausschöpfen. Die Berufungsverhandlung vor dem DFB-Bundesgericht muss also nicht die letzte sein.

Das Ergebnis fiel nicht überraschend aus. Nach einer zweieinhalbstündigen Sitzung der fünf Gremienvorsitzenden von Dynamo Dresden verkündete Geschäftsführer Volker Oppitz gestern: „Die SG Dynamo Dresden geht gegen das Urteil des DFB-Sportgerichts fristgemäß in Berufung.“ Der Fußball-Zweitligist akzeptiert somit nicht den Ausschluss aus dem DFB-Pokal in der Saison 2012/13 als Reaktion auf die Ausschreitungen von Dynamo-Fans beim Spiel gegen Borussia Dortmund. Die SZ erklärt, wie es nun in dem Rechtsstreit weitergeht.

Wie begründet Dynamo die Berufung?

Das muss der Verein bisher noch gar nicht. Die Berufung erfolgt zunächst nur formal und muss spätestens eine Woche nach der Urteilsverkündung durch das Sportgericht beim Deutschen Fußballbund (DFB) eingehen – also heute. Noch liegt Dynamo keine Begründung vor. Rechtsanwalt Christoph Schickhardt, der den Zweitliga-Aufsteiger in diesem Verfahren vertritt, rechnet damit in den nächsten Tagen. „Dann bleiben uns noch 14 Tage, um unseren Einspruch schriftlich zu begründen“, erklärt Schickhardt.

Wann wird die Berufung verhandelt?

„Aller Voraussicht nach nicht mehr in diesem Jahr“, vermutet der Anwalt. „Mir ist das ganz recht, weil das Pulver dann verraucht und die Emotionen ein Stück weit raus sind.“ Verhandelt wird Dynamos Berufung vor dem DFB-Bundesgericht. Die Sitzung verläuft dann im Prinzip ähnlich wie die vor dem Sportgericht, es werden also erneut Zeugen gehört.

Ist das DFB-Bundesgericht die letzte Instanz?

Nein, nur die höchste innerhalb des DFB. Sollte sich das Bundesgericht dem Strafantrag des Kontrollausschusses sowie dem Urteil des Sportgerichts anschließen, bliebe Dynamo noch der Gang zum Ständigen Schiedsgericht. „Dieses regelt Streitigkeiten zwischen dem DFB und seinen Vereinen“, erklärt Schickhardt. „Es wird aber ganz selten angerufen.“ Zuletzt im August dieses Jahres beim Streit um die sogenannte 50+1-Regel. Richter Udo Steiner urteilte damals, dass es Kapitalanlegern weiterhin nur in Ausnahmefällen möglich ist, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgliedern. Dass Dynamo, wenn nötig, auch diesen letzten Schritt vor das Schiedsgericht geht, ist wahrscheinlich. Präsident Andreas Ritter erklärte gestern: „Wir werden uns wehren und dabei alle Rechtsmittel ausschöpfen.“

Inwieweit nützen Dynamo die Solidaritätsbekundungen?

In den vergangenen Tagen hatten sich Fans und Vorstandsmitglieder anderer Vereine mit Dynamo gegen den Pokalausschluss solidarisiert. Auch Zeitungen im In- und Ausland kritisierten das Urteil. So schrieb die „Frankfurter Allgemeine“ unter der Überschrift „Ein falsches Signal“: „Das Sportgericht droht (...) seinen eigenen Spielraum mit Blick auf Sorgenklubs wie Eintracht Frankfurt oder Hansa Rostock einzuengen. Das harte Urteil ist nicht zuletzt Ausdruck von Hilflosigkeit.“ Und die „Basler Zeitung“ argumentierte: „Ein Verein mit beschränkten Mitteln kann den Kampf gegen die Gewalt alleine nicht gewinnen, er braucht Hilfe und keinen schulmeisterlichen Tadel.“ Schickhardt freut sich über „diesen Rückenwind. Denn es ist vor Gericht immer schwer, gegen eine breite Öffentlichkeit zu argumentieren.“ Juristisch allerdings spiele diese Unterstützung „keine Rolle“.

Wie werden die Fans im Stadion reagieren?

Das Heimspiel am Sonntag gegen den FSV Frankfurt ist das erste nach dem verkündeten Pokalausschluss. Die Dynamo-Ultras fordern die Zuschauer auf, unter dem Motto „Mit weißem D auf weinrotem Grund, gegen den Deutschen Fußball-Bund“ Flagge zu zeigen gegen den „Bonzen DFB“. Schickhardt mahnt zur Zurückhaltung: „Ein Selbstreinigungsprozess unter den Fans würde mehr helfen.“