Jahr 2011


Sächsische Zeitung, 8. April 2011

Bei Dynamo sollen neue Vip-Logen entstehen
Von Thilo Alexe

Komfortable Sitze und guter Blick: Die Vip-Logen im Glücksgas-Stadion sind ausgebucht. Nun sollen neue entstehen. Foto: Wolfgang Wittchen

Dynamo Dresden bleibt offenbar trotz mancher Querelen für Sponsoren interessant. Die Nachfrage nach Vip-Logen im Glücksgas-Stadion steigt. Derzeit gibt es 18 solcher Räume, in denen meist Firmen Geschäftspartnern und Kunden einen komfortablen Blick samt schmackhaftem Essen auf den Rasen gewähren. Alle sind vermietet.
Die Stadionprojektgesellschaft erwägt deshalb weitere Vip-Logen zu bauen. Nach Angaben von Stadionmanager Hans-Jörg Otto sollen es voraussichtlich fünf sein. „Wir überlegen, sie in der zweiten Etage zu bauen“, fügt er hinzu. Sie sollen auf einen Teil der jetzigen Terrasse vor dem sogenannten Business-Bereich entstehen. Die Freifläche bleibt Otto zufolge erhalten, wird aber verkleinert. Die Überlegungen sind jedoch noch nicht ganz abgeschlossen. Unklar ist etwa die Finanzierung.

Rund 100.000 Euro kostet der Einbau der Logen. Fraglich ist, ob die Projektgesellschaft das stemmt. Otto sagt dazu: „Wir überlegen mehrere Varianten.“ Eine Möglichkeit ist demnach, dass ein Sponsor die Logen baut und danach auch für eine bestimmte Zeit nutzen kann. Stadionmanager Otto betont, dass die Logen langfristig dazu beitragen, mehr Geld aus der Stadionvermarktung einzunehmen.
Die bereits eingebauten Logen sind in die dritte Stadionebene auf der zur Lennéstraße gelegenen Haupttribüne integriert. Pro Saison kosten sie – je nach Lage – zwischen 35.000 und 40.000 Euro. Je näher zur Mittellinie, desto teurer. Elf Sitzplätze befinden sich vor der Loge, im Innenraum finden gut ein Dutzend Zuschauer Platz.
Wann der Bau startet, ist offen. Dass es vor der Frauen-WM im Sommer geschieht, dürfte unwahrscheinlich sein. Doch Dynamo Dresden kommen Stadioneinnahmen gelegen. Der Club ist nach Angaben der Stadt verschuldet, 2015 müssen Verbindlichkeiten von etwa acht Millionen Euro getilgt werden, heißt es in einem Rathauspapier, das kommunale Finanzhilfen zur Entlastung des Vereins regelt. Der Stadtrat beschloss im März einen Zuschuss von zwei Millionen Euro für die kommenden beiden Spielzeiten an die Stadionprojektgesellschaft. Dadurch reduziert sich für Dynamo die Stadionmiete auf rund eine Million Euro. Kommen mehr Einnahmen durch Logen hinzu, könnten die Kosten womöglich weiter sinken.

Die Stadt fordert den Fußball-Drittligisten auf, weiter Schulden abzubauen. Geschäftsführer Volker Oppitz betont: „Aufgrund der Vorjahresverluste und bestehenden Verbindlichkeiten werden wir den eingeschlagenen Konsolidierungskurs konsequent fortführen.“ Immerhin: Wegen der großen Zuschauerresonanz und Werbeeinnahmen hat Dynamo in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres einen Überschuss von knapp 472.000 Euro erwirtschaftet.


Sächsische Zeitung, 7. April 2011

„Millionen für einen drittklassigen Verein“

Friedrich-Wilhelm Junge ärgert die großzügige Förderung von Dynamo. Warum baut die Stadt kein neues Konzerthaus, sondern riskiert mit dem Umbau des Kulturpalastes ein Fiasko, fragt sich der Schauspieler.

Der Umbau des Kulturpalastes scheint bereits beschlossene Sache. Doch noch regt sich Widerstand in der Dresdner Kulturszene. Für ein exquisites Orchester wie die Dresdner Philharmonie muss es auch ein exqusities Konzerthaus geben, sagt der Chef des Theaterkahns, Friedrich-Wilhelm Junge.

Herr Junge, warum sind Sie gegen den Umbau des Kulturpalastes zu einer modernen Konzerthalle?

Die Stadtverwaltung will eine eierlegende Wollmichsau. Sie will eine gute Konzerthalle und zugleich eine perfekte Stadthalle. Aber nirgendwo auf der Welt ist so etwas je gelungen. Das geht nicht.

Inwiefern?

Man will uns einreden, das mit den 70 Millionen hinkriegen zu können. Dass es mal über 100 Millionen kosten wird, ist schon jetzt klar. Traue niemandem, der bei Geld-Versprechungen nicht in der Haftung ist. Der Finanzbürgermeister muss nicht haften. Keiner. Wessen Geld wird benutzt? Meines! Und darum erhebe ich meine Stimme. „Lege den Finger auf jeden Posten, prüfe die Rechnung. Du musst sie bezahlen“ – Bertolt Brecht. Wir Steuerzahler müssen bezahlen. Die Stadt nimmt mein Geld. Sie redet mir eine Zahl ein, von der jeder Vernünftige weiß – nie wird sie’s einhalten können. Was passiert, wenn’s das Doppelte kostet? Man greift mir in die Tasche. Das finde ich unverschämt wie sonstwas. Jeder Politiker, Oberbürgermeister, Kämmerer oder was auch immer ist nur ein treuhänderischer Verwalter des Geldes seiner Bürger. Es gehört ihnen nicht. Das muss man ihnen immer wieder sagen.

Die Stadt hat die Umbau-Pläne immer wieder durchgerechnet. Sie vertrauen dem nicht?

Als ich mich privat entschieden hatte, in Dresden zu bleiben, haben wir uns ein altes Haus in Radebeul gekauft. Dann fingen die an zu bauen. Wenn Sie eine fertige Bausubstanz haben, und Sie nehmen die erste Diele hoch, Sie reißen die erste Wand weg, dann erleben Sie eine böse Überraschung nach der anderen. Natürlich komme ich mit einer Preiskalkulation eher hin, wenn ich sage, ich gehe auf die grüne Wiese und hole mir die Teile von Ikea. Aber wenn sie im Kulturpalast anfangen und dieser gesamte Innenraum entkernt wird, es wird alles herausgerissen, die gesamte Tragkonstruktion – man weiß nicht, was man unter den nackten Wänden findet. Keiner ist in der Lage zu sagen, wir bauen das ein, was geplant ist, für das Geld, was veranschlagt ist. Ich glaube denen nicht. Das sind Traumtänzer. Denn wer mit einer Mixtur aus vorhandener Bausubstanz und Neubau arbeitet, muss mit explodierenden Kosten rechnen – siehe Elbphilharmonie Hamburg.

Aber wenn, dann könnte es im neuen Saal einen deutlich besseren Klang geben.

Ob dieser eingebaute Konzertsaal die ideale Akustik in der vorgegebenen Kubatur haben wird, das ist doch fraglich. Ein waghalsiges Unterfangen. Das habe ich im vergangenen Jahr erlebt bei einem Besuch in der Philharmonie München-Gasteig. Ich bin erschrocken über die stupende Hässlichkeit dieses Gebäudes, diese Material-Brutalität. Das Ganze vor 25 Jahren gebaut und die Akustik so miserabel. Der ehemalige Stadtdirektor gab mir gegenüber zu: Allein die Erhaltung dieses Monsters koste Millionen. Es ist immer noch nicht abbezahlt. „Und am liebsten würden wir es sofort abreißen“, sagt er. Damals hieß es auch, die Münchner Philharmoniker bräuchten einen neuen Saal. Sie brauchen etwas Größeres, einen tollen Konzertsaal – Müll ist es geworden. Uns jetzt zu versprechen, man entkernt den Kulturpalast, baut da was rein und hätte dann so etwas wie die Akustik des Musikvereinsaals in Wien, das ist reine Augenwischerei.

Also nichts Halbes und nichts Ganzes?

Genau. Was mich aber am meisten ärgert: Dynamo Dresden, diesen drittklassigen Verein, unterstützt man mit Millionen und Millionen. Da wird gar nicht erst groß drüber debattiert -– wegen der Fans. Offensichtlich glaubt man, das wäre das Wahlvolk für die Entscheidungsträger dieser Stadt. Ich weiß nicht, ob die Fans überhaupt wählen gehen. Wenn Sie das Stadion drei Jahre schließen, das tut niemandem weh. Aber lassen Sie noch eine Flut kommen und die Oper spielt nicht, dann ist Dresden platt. Spätestens seit 2002 wissen wir doch, was für Dresden nicht nur moralisch, ideell, sondern ökonomisch wichtig ist. Was ich dort investiere, kommt als sekundär-ökonomischer Erfolg zurück. Glauben Sie, ein Hooligan nimmt sich ein Hotel-Zimmer? Ich würde doch nie etwas sagen, wenn es hier nicht um die Philharmonie ginge, sondern um das Kurorchester Bad Elster. Die haben ihre Konzertmuschel. Das reicht auch. Aber dieser Widerspruch: Da haben sie diesen drittklassigen Fußballverein und zwei Weltklasse-Orchester – Philharmonie und Staatskapelle. Der drittklassige Verein kriegt ein Weltklasse-Stadion, aber für das Weltklasse-Orchester soll so ein Zwischending, die eierlegende Wollmilchsau, genügen.

Das klingt, als ob Sie mit der Art der Entscheidungsfindung der Stadt nicht zufrieden sind?

Die Stadt meint, sie könne solche Frage wie im „Tapferen Schneiderlein“ lösen: Einmal zuschlagen – sieben auf einen Streich. Das läuft ein bisschen nach dem Motto: Jetzt klatschen wir das alles mal zusammen. Jetzt haltet ihr alle mal den Mund. Und wir haben den Rücken wieder frei für Dynamo. Jeder hat irgendwie so ein bisschen schlechtes Gewissen, keiner traut sich richtig ran. Das ist wie eine Tabuzone, das hat auch was mit Ostalgie zu tun. Dynamo, das war mal was. Aber die Zeit ist vorbei.

Aber die Philharmonie würde ihre Situation durch eine Modernisierung des Kulturpalastes zumindest verbessern.

Aber wenn es nicht gelingt, diesen Saal so aufzurüsten, dass er als Konzertsaal genügt, dann ist dieses Orchester für die nächsten Jahre ganz raus. Dass es aufgrund des langen Hickhacks sagt, lieber diesen zerfledderten Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, das kann ich verstehen. Aber ich habe einfach zu schlechte Nerven in die Wiege gelegt bekommen und liebe diese Stadt zu sehr, als dass ich meine Stimme nicht erhebe, wenn ich merke, dass etwas grundlegend nicht stimmt. Im Auftrag der Stadt wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Seit 2005 liegt sie vor und beinhaltet Vorschläge zur Verbesserung der Akustik im Kulturpalast. Der Architekt Wolfgang Hänsch hat daran mitgearbeitet, seinen Fähigkeiten verdankt die Semperoper nach dem Wiederaufbau die exzellente Akustik.

Sie hoffen also weiter auf den Neubau eines Konzerthauses?

Ja.
Das Gespräch führte Annette Binninger.


Sächsische Zeitung, 5. April 2011

Erster Sieg im ausverkauften Stadion?
Von Sven Geisler

„Na und, wir steigen trotzdem auf!“ So hallte der Dresdner Fangesang an jenem 23. April 2004 durch das Lohrheidestadion von Wattenscheid. Ignjac Kresic ließ sich damals vom Optimismus der Anhänger nicht anstecken: „Wir haben heute den Aufstieg verspielt. Das war einfach zu wenig“, ärgerte sich der Dynamo-Torwart über das 1:2 bei den Amateuren von Schalke 04.
Sechs Spieltage vor Schluss hatten die Gelb-Schwarzen die Chance verpasst, an Wuppertal und Paderborn vorbeizuziehen auf einen Aufstiegsplatz in der Fußball-Regionalliga. Kresic sollte sich jedoch irren. Die Mannschaft um Kapitän Steffen Heidrich zeigte nach der Enttäuschung eine Trotzreaktion. Mit fünf Siegen in Folge bei 14:2 Toren schaffte Dynamo den Sprung in die zweite Liga. Schöne Erinnerungen.
Sie machen Mut nach dem Rückschlag in Aalen. Die aktuelle Situation ist durchaus vergleichbar. Was Stürmer Ranisav Jovanovic damals sagte, gilt für die Dresdner jetzt erst recht: „Die Einstellung der Fans ist richtig. Wir müssen weitermachen, dürfen nicht aufgeben.“ Morgen Abend trifft Dynamo im Verfolgerduell der 3.Liga auf Rot-Weiß Erfurt. „Es ist das Schöne am Fußball, dass wir gleich wieder alles gut machen können“, meinte David Solga nach dem – wie er sagte – „richtigen Dämpfer“ beim 0:1 in Aalen.

Esswein erhält grünes Licht

Der Mittelfeldmann musste mit Schmerzen am Sprunggelenk nach 74Minuten ausgewechselt werden. Gestern bestätigte sich sein Gefühl, dass es „nichts Ernstes“ ist. Trotz einer Bänderüberdehnung kann er gegen Erfurt spielen. Wieder zur Verfügung steht auch Alexander Esswein. Der beste Torjäger, der wegen eines akuten Infektes in Aalen fehlte, bekam nach dem gestrigen Bluttest vom Mannschaftsarzt grünes Licht fürs Training. „Ich fühle mich viel besser und will gegen Erfurt unbedingt auflaufen“, sagte der 21-Jährige. Zudem rechnet Trainer Matthias Maucksch auch mit Jonas Strifler als mögliche Alternative für die Startelf. Der Rechtsverteidiger gehörte nach einer Schulterprellung schon in Aalen zum Aufgebot, war aber noch nicht hundertprozentig einsatzbereit.

Das Ost-Derby will keiner verpassen. Das Glücksgas-Stadion ist de facto ausverkauft, obwohl das MDR-Fernsehen die Partie live überträgt. Gestern wurden die letzten Tickets für Dynamo-Fans verkauft. Lediglich im Vip-Bereich sind noch Plätze frei, die Vermarkter „Sportfive“ für 190,40 Euro pro Karte anbietet. Aus Erfurt werden etwa 1.000 Schlachtenbummler erwartet. „Das ist ein wichtiges, interessantes und schönes Spiel“, sagt Maucksch.
Allerdings spricht die volle Hütte eigentlich gegen die Dresdner. Dreimal war das Stadion nach dem Neubau ausverkauft, dreimal konnten sie nicht gewinnen: zur Eröffnung am 15. September 2009 gegen Schalke 04 (1:2), vorige Saison gegen Carl Zeiss Jena (0:3) und in der Hinrunde gegen Hansa Rostock (2:2). Mauscksch interessiert sich nicht für solche Statistiken: „Mit den Fans im Rücken werden wir den Bock umstoßen. Davon bin ich überzeugt“, sagt der Chefcoach. Das Abschlusstraining – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – hat er für heute Abend zur Anstoßzeit 20.15 Uhr im Stadion angesetzt.

Vor sieben Jahren war das alte Rudolf-Harbig-Stadion übrigens erst zum letzten Heimspiel gegen Schlusslicht VfR Neumünster ausverkauft – mit 28.000 Zuschauern, Schätzungen zufolge drängelten sich sogar weit mehr als 30000 auf den maroden Rängen. Dabei waren nur 18800 zugelassen. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes verdonnerte Dynamo wegen der allzu großen Begeisterung zu einer Geldstrafe von 45.000 Euro. Das kann diesmal dank der modernen Arena nicht passieren.
Wahrscheinlich ist dagegen ein ähnlicher Spielverlauf. Erst in der 76.Minute sorgte Jovanovic damals mit dem „goldenen“ Tor für die Erlösung und riss sich jubelnd das Trikot vom Leib. Ein solches Glücksgefühl würde auch Esswein morgen gern erleben. 13-mal hat der U20-Nationalspieler bereits für Dynamo eingenetzt. Zuletzt waren die Gelb-Schwarzen jedoch zweimal torlos geblieben, was den Stürmer besonders motivieren dürfte.