Jahr 2008


Sächsische Zeitung, 28. Oktober 2008

Dynamo-Fans bohren für die Zaunfahne

Von Thilo Alexe


Fußballanhänger beweisen Kreativität. Damit sie ihre Transparente aufhängen können, legen sie beim Stadionbau Hand an.
Rauchbomben beim Spiel in Jena, überm Stadion kreisende Polizeihubschrauber bei Heimpartien in Dresden. Einige Dynamo-Fans schaden dem Verein gewaltig. Jüngstes Beispiel: Als am Wochenende Lokomotive Leipzig gegen den Fünftligisten SC Borea im Jägerpark auflief, mischten sich aggressive Dynamo-Anhänger unters Publikum. Markenzeichen: Jacken und Bauchtäschchen des bei Rechtsextremisten beliebten Modelabels „Thor Steinar“. Dass es auch eine andere, positive Definition von „fußballverrückt“ gibt, beweist die Fangemeinschaft Dynamo. Deren Mitglieder, die sich gegen überzogene Kommerzialisierung und für Stimmung im Stadion einsetzen, haben ein gravierendes Problem kurzerhand mit dem Schlagbohrer behoben. Weil im neuen Stadion keine Zäune mehr die Blocks vom Spielfeld abgrenzen, fehlt der Platz für Zaunfahnen. Dabei handelt es sich um eine Art Heiligtum der Fanclubs. Die Transparente sind handgemalt und unverzichtbares Wappen der Unterstützer.

Im Neubau trennt öder, nackter, grauer Beton die Ränge vom Rasen. Kein Platz für Fahnen. „Wir mussten sie mit teurem Klebeband befestigen“, sagt Fangemeinschafts-Vorsitzender Florian Schnier. Jetzt nicht mehr. Anhänger kauften für 500 Euro mehr als 600 Ösen und bohrten sie in die Wände. Beim Spiel gegen Aalen waren die schwarz-gelb beflaggt.


Kanal 8, 10. Oktober 2008

Bye, Bye Flutlichtgiraffe: Letzter Lichtmast fällt

Im Rudolf Harbig Stadion beginnen am Vormittag die Demontagearbeiten der letzten Flutlichtgiraffe.

Die Flutlichtanlage, bei den Dresdnern wegen ihrer Form auch Giraffe genannt, muss dem Stadionneubau weichen. Die Masten passen nicht mehr zum Konzept.
Die Idee und die Umsetzung zum Flutlichtmast stammt von den Herren Manfred Mortensen, dem Architekten Günter Schöneberg und dem Ingenieur Friedrich Schmidt sowie von der PGH Elektrobau Dresden. Die Masten waren 60,5 t schwer, 60 m hoch und hatten einen Neigungswinkel von 20 Grad. Die 104 Lampen hatten eine Leistung von 208 KW und eine Lichtstärke von zunächst 570, später 700 Lux. In den 70er Jahren eine der modernsten Flutlichtanlagen in Deutschland.
Die Vier Lichtmasten hatten eine bewegte Geschichte. Begonnen hatte diese bereits am 3. September 1969 mit dem legendären Spiel zwischen der SG Dynamo Dresden und der DDR-Nationalelf. Auch nach der Einweihung erlebten die Masten unvergessliche Fußballabende, unter anderem in der DDR-Oberliga, der Bundesliga, der Regionalliga und der Oberliga Nordost, im FDGB- sowie im DFB-Pokal. Zum Auftakt in die neue dritte Liga leuchteten die Flutlichtgiraffen schon nicht mehr.

Nun heist es, Good Bye zu sagen und den letzten Masten zu verabschieden, der den Schwarz-Gelben packende Flutlicht-Duelle im Harbig-Stadion beschert hat. Die letzte Partie fand übrigens im Landespokal zwischen Dynamo Dresden und Bischofswerda statt. Endstand für die Elbestädter 5:1.

Mehr zum Thema Flutlichtmasten und zur Geschichte erhalten sie unter www.dynamo-stadion.de


Sächsische Zeitung, 10. Oktober 2008

Heute fällt die letzte Giraffe am Dynamo-Stadion Von Thilo Alexe

39 Jahre erhellte der Lichtmast Fußball-Spiele. Jetzt muss er dem Stadionneubau weichen.

Heute ist Schluss. Der letzte der ehemals vier Lichtmasten des Harbig-Stadions fällt. Arbeiter zerlegen den 60 Meter hohen und über 60 Tonnen schweren Koloss mithilfe von Schneidbrennern und einem Kran. 39 Jahre nach der Einweihung der Lichtanlage muss der Mast dem neuen Stadion weichen.

Die erste Giraffe fiel am 3. Dezember des vergangenen Jahres. Ihren Namen verdanken die Masten ihrer Neigung um 20 Grad. Sie wurden vom Dresdner Ingenieur Manfred Mortensen mit zwei Kollegen konstruiert. In Jena steht eine vergleichbare Anlage. Die Masten dort sind allerdings nicht nach vorne geneigt.

Derweil haben sich Dynamo Dresden, das Stadionbauunternehmen HBM und die Stadt darauf verständigt, die Eingangstore zu verbreitern. Mehrfach mussten Spiele mit Verspätung angepfiffen werden, weil sich vor dem Stadion Menschenmassen angestaut hatten. Selbst Fans, die bereits Karten hatten, warteten bis zu 45 Minuten. Beim nächsten Dynamo-Heimspiel gegen den VfR Aalen soll der Zugang für die Blöcke S und T verbreitert werden. So können mehr Fans kontrolliert werden.

Wer Dynamo sehen und nicht so lange warten will, kann das heute ab 17 Uhr auf dem Platz an der Eisenberger Straße. Die Traditionself mit Legenden wie Dixie Dörner und Reinhard Häfner tritt gegen eine Auswahl von „Elf Freunde von Rotation Dresden“ an.


dresden-fernsehen.de, 9. Oktober 2008

Stadionneubau schreitet zügig voran

Noch gut ein Jahr, dann soll die neue Dresdner Fußballarena fertig sein.

Das neue Dynamo-Stadion nimmt langsam Form und Gestalt an. Und der Baufortschritt wird täglich von Passanten am Bauzaun verfolgt. Jetzt ist der erste Bauabschnitt beendet, das bedeutet alle Tribünenteile sind für die Fans zugänglich. Der Projektleiter des Stadionneubaus, Kay-Uwe Panzer, will nun mit dem zweiten Abschnitt weiter machen.
Zur Zeit laufen die Vorbereitungen für das neue Hauptgebäude an der Lennéestraße. Bereits morgen fällt die letzte Giraffe auf der Nordseite des Stadions. Ebenfalls auf der Nordseite stehen bereits die Pfeiler für einen weiteren Tribünenteil. Dort sollen künftig 9000 Fans Platz finden.
Momentan können im Stadion 13.200 Fans Dynamo-Dresden zujubeln. Wenn der Tribünenblock auf der Südseite fertig ist, können weitere 1500 beim Fußball mit fiebern. Fünf Spiele fanden bereits auf der Stadionbaustelle statt. Ist da schon das ein oder andere Neue kaputt gemacht worden?
Das meiste davon ist bereits beseitigt worden. Das nächste Heimspiel der Schwarz-Gelben ist am 25. Oktober. Bis dahin wollen die Stadionbauer die Einlasssituation für die Fans verbessern. So sollen bis zum Spiel gegen den VfL Aalen die Zugangsbereiche für die Blöcke S und T soweit verändert werden, dass die Fans so schnell wie möglich an ihre Plätze kommen.


BILD, 7. Oktober 2008

BILD-Analyse beweist

Dynamos Heimstärke weggebaggert

Von STEFFEN HOFMANN und TORSTEN PAULY


Früher war Dynamo zu Hause eine Macht. Da fürchtete sich jeder Gegner vor der Reise ins Harbig-Stadion. Doch seit das neue Stadion gebaut wird, ist die Heimstärke wie weggebaggert. Die BILD-Analyse beweist: Im Baujahr 2008 hat Dynamo die schlechteste Heimbilanz seit Einführung der Drei-Punkte-Regel. In den saisonübergreifenden 13 Spielen in diesem Jahr haben die Schwarz-Gelben nur 18 Punkte geholt (5 Siege, 3 Unentschieden, 5 Niederlagen). Das macht zu Hause den dürftigen Schnitt von 1,38 Zählern pro Begegnung.

Ex-Trainer Eduard Geyer (wird heute 64) schätzte bereits zum Ende der Vorsaison ein: „Der Stadionneubau hat uns zehn Punkte gekostet.“ Doch warum wirkt sich die positive Bau-Maßnahme, die eigentlich bei Dynamo für einen Motivationsschub sorgen müsste, negativ auf die sportliche Bilanz aus?
Man kann nur vermuten, dass die fehlende Stadion-Atmosphäre der Grund dafür ist. Fakt ist: In einem geschlossenen Stadion ist es viel lauter. Da kann die Mannschaft von allen Seiten nach vorn getrieben werden. Obwohl Dynamos Fans genauso laut sind wie früher, verliert sich jetzt teilweise die Stimmung im halboffenen Oval. Erst recht bei schlecht stehendem Wind.
Für Trainer Ruud Kaiser (47) ist das trotzdem keine Entschuldigung: „Dass wir drei bis vier Punkte zu wenig geholt haben, lag an ausgelassenen Chancen und Abwehrfehlern...“


Dresdner Neueste Nachrichten, 1. Oktober 2008

Ein ehrgeiziger Plan: Volles Haus das ganze Jahr

Hans-Jörg Otto ab heute neuer Stadionmanager in Dresden

Er ist 30 Jahre alt, hat Verkehrswirtschaft studiert und heißt Hans-Jörg Otto. Heute tritt er seinen neuen Posten an. Einen enorm wichtigen: Otto wird Leiter Stadionbetrieb der Betriebsgesellschaft (noch Projektgesellschaft) Stadion Dresden, kurz der Manager der neuen Arena, die 2011 auch Heimstätte der Frauenfußball-WM sein wird.

Otto? „Ich weiß", schmunzelt der gebürtige Nordhäuser gleich zu Beginn des Gesprächs, „mit diesem Namen verbindet man bei Dynamo nicht die angenehmsten Erinnerungen. Ich hoffe, ich kann das ein wenig ändern." Bekannt oder gar verwandt ist er mit dem „Skandal"-Präsidenten der 90-er nicht. Auf den von HBM ausgeschriebenen Posten hat er sich im Frühjahr beworben und gegen mehr als 100 Mitkonkurrenten durchgesetzt. „Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat, damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet. Dass ich den Zuschlag bekommen habe, liegt sicher auch an meiner Vita."

Vier Jahre war Hans-Jörg Otto bei der Vermarktungsagentur Sportfive angestellt, hat sich beim Hamburger SV und zuletzt bei der Frankfurter Eintracht um die Stadionvermarktung verdient gemacht: „In der Commerzbank-Arena fanden jährlich rund 200 Veranstaltungen statt, Kongresse, Tagungen, Konzerte." Ähnliches will er nun in Dresden auf die Beine stellen. „Das wichtigste Standbein bleibt natürlich der Fußball. Aber abseits der Spieltage sind auch hier viele andere Nutzungen denkbar, auschließen möchte ich da jetzt nichts", so der Stadion-Manager. Hat er eine Vision? Wo steht Dresden und sein Stadion in fünf Jahren: „Ja. Dynamo hat sich dann in der 2. Bundesliga etabliert und gewinnt seine Spiele vor vollen Rängen. Und die Arena ist von Leben erfüllt." Da hilft, ist sich Otto sicher, natürlich auch der Zuschlag für die Frauen-WM 2011: „Das ist eine große Chance für Dresden, deutschlandweit und weltweit noch mehr auf sich aufmerksam zu machen. Und vor allem ein positives Bild abgeben: Dresden ist eine Stadt mit friedlichen, begeisterungsfähigen Fans."

Liegt neben der Vermarktung von Veranstaltungen auch die der Werbeflächen und des Stadionnamens - da gibt es mit Radeberger bereits einen ernsthaften Interessenten - in seinen Händen? „Das weiß ich noch nicht so genau", sagt der Familienvater (Frau Peggy und der 4-jährige Sohn Carl Moritz sind mit dem Papa vor knapp zwei Wochen aus Frankfurt/Main nach Dresden umgezogen). „Ich habe das Gefühl, dass da momentan ein dicker Knoten in diesem Problem ist. Den gilt es schnell zu lösen." Ein Gespräch mit den Dynamo-Geschäftsführern Bernd Maas und Ralf Minge wird eine von Ottos ersten Amtshandlungen sein.

Noch eine Frage: Hat Hans-Jörg Otto auch einen Dynamo-Bezug? „Den gibt es wirklich", lächelt er, „ich war schon als Kind hier im Stadion. Mein erstes Spiel war ein 3:0-Sieg über den FC Karl-Marx-Stadt." Angereist ist er damals mit seinem Vater aus Seidewinkel - einem kleinen Dorf bei Hoyerswerda. Dort ist er aufgewachsen, nachdem die Familie ein halbes Jahr nach seiner Geburt aus Nordhausen in die Lausitz umzog. Heute wird er sich an seinen Schreibtisch auf der Stadion-Baustelle setzten und die Ärmel hochkrempeln. Arbeit wartet ohne Ende.

Thomas Scholze