Jahr 2007


Sächsische Zeitung, 28.November 2007 (Auszug)

Verein vermarktet das Stadion

Einen Erfolg kann er bereits für sich verbuchen. Dynamo ist sich mit dem Bauunternehmen HBM einig, dass der Klub das Stadion – mit Ausnahme des Caterings – in eigener Regie vermarkten darf. Dazu gehört auch der Verkauf der Namensrechte, der jedoch eine Umbenennung in „Arena“ ausschließen soll. „Arenen oder Parks gibt es wahrlich genug. Wir spielen Fußball – und das weiter in einem Stadion, wie es unsere Fans wollen“, versichert Maas. Er will nicht darüber spekulieren, wie viel Geld durch den Namen in der klammen Kasse klingeln könnte, sondern sagt nur: „Dynamo Dresden hat Potenzial.“


Wochenkurier Dresden, 28.November 2007

Einwurf
von Gert Zimmermann

Jetzt ist ein Wahrzeichen des Rudolf-Harbig-Stadions gefallen. Der gute, alte Sprecherturm. Einfach umgehauen wurde dieses Sportdenkmal. Wehmut! Aber schon zwei Tage später denkt keiner mehr daran. Es geht immer weiter im stress- und temporeichen Leben. Also nicht nachtrauern, nach vorn schauen. Jetzt bekommt Dresden endlich ein neues Stadion. Da muss halt das Liebgewordene verschwinden. Natürlich werden das harte 18 Monate. Fast vergleichbar mit dem früheren Dienst bei der Armee. Bis die Bayern zum Eröffnungsspiel kommen. Vergleiche hinken zwar. Doch wenn unsereiner zurückblickt auf das letzte Wochenende, vermischt sich ein klein wenig Stolz mit dem Erlebten. Ende der Neunziger versuchte eine kleine Gruppe Box-Besessener, mit einem ersten schüchternen Versuch im Lindengarten diese Sportart in Elbflorenz zu etablieren. Schon eine Stunde vor Eröffnung der Freiberger Arena standen die Massen in der Schlange, obwohl die Hauptkämpfe erst um 23 Uhr begannen. Ausverkauft meldeten auch die Veranstalter des Springturniers in der Neuen Messe. Das nannte sich zwar Adventsturnier, obwohl es am Totensonntags-Wochenende über den Parcours ging. Doch die Dresdner wollten guten Sport erleben. Und der Sport hat sich durchgesetzt, auch in der Kunststadt Dresden. Unsere Volksvertreter müssen nach solchen Veranstaltungen zerknirscht erkennen, dass Sport und Dresden tatsächlich geht. Auch wenn außer dem Sportbürgermeister keiner in der Box-Eishalle anzutreffen war. Vielleicht auch wegen der Umgehung des Feiertagsgesetzes, welches ja Sport und Frohsinn ab Mitternacht verbietet. Auch das Ordnungsamt war nicht unterwegs und wollte gar den Veranstalter abzocken. So wie das für den Sonntag angedroht wurde, wenn es nur ein Florist gewagt hätte, ein Grabgesteck unter Androhung von 15.000 Euro Strafe zu verkaufen. Nur mal so zum Nachdenken. Wer das überhaupt noch kann und nicht am Beamtenmief erstickt ist. Übrigens fanden am Abend vor dem Buß- und Bettag auch Volleyball- und Eishockeyspiele mit sehr gutem Besuch statt. Und am Feiertag selbst froren noch einmal über 5.000 Besucher beim Halali auf der Pferderennbahn in Seidnitz. Die traurige Zeit, als uns einige Unverbesserliche erklären wollten, dass Dresden mit Sport nichts im Sinn hat, scheint vorbei. Aufpassen, genau die sind noch unter uns!


Sächsische Zeitung, 28.November 2007

Liebling Dresden (Auszug)

Wo ist Ihr Lieblingsort in Dresden?
Das ist für mich, als begeisterter Fußballfan, das Rudolf-Harbig-Stadion. Schon das Zuckertütenfest feierte ich dort mit sechs Jahren.


Sächsische Zeitung, 23.November 2007

Gedenktafel für Ilgen enthüllt

Blasewitz
Vertreter der Bürgerstiftung ehren den 1940 verstorbenen Unternehmer Hermann Ilgen heute mit einer Gedenktafel. Sie wird an seinem ehemaligen Wohnhaus auf der Loschwitzer Straße 23 enthüllt. llgen investierte Millionen in seine Stiftungen und finanzierte 1923 den Bau der Ilgen-Kampfbahn, das heutige Harbig-Stadion. (SZ)



Akteure in der Fan-Szene von Dynamo Dresden (Auswahl)

Fangemeinschaft: eine Art Dachorganisation für Dynamo-Fans – sowohl für die Fanclubs als auch Einzelne. Im Vorstand sitzen Stefan Görke (s. Foto), Wolfram Fischer, Florian Schnier, Kay Schirmer und der Ex-Fanbeauftragte Robert Pohl.

Fanprojekt: Verein, der sich seit März 2003 die sozialpädagogische Arbeit mit Fans zur Aufgabe gemacht hat. Feste Mitarbeiter sind Torsten Rudolph (s. Foto), Christian Kabs und Sebastian Walleit. Sitz des Projektes ist das Fan-Haus Löbtauer Straße.

Fanbeauftragter: Ansprechpartner für die Fanorganisationen und Kontaktmann zu den mehr als 60 Dynamo-Fanclubs. Neu in dieser Funktion ist seit Anfang November der Medieninformatiker Martin Börner aus Freital (s. Foto).

Pro RHS: Eine Fan-Initiative, die sich speziell dem Stadion-Neubau widmet. Die Mitglieder bemühen sich um die Fankultur, etwa um den Erhalt von Stehplatz-Bereichen im neuen Stadion. Als Sprecher fungiert Michael Walter


MDR, 23.November 2007

Maximal 9.000 Zuschauer in Dresden

Einen kleinen Erfolgslauf kann Dynamo Dresden vorweisen. Drei Spiele in Folge verloren die Schwarz-Gelben nicht und kletterten auf Tabellenrang neun. Nun gastiert Aufsteiger Energie Cottbus II in der Baustelle Rudolf-Harbig-Stadion. Die Partie wird vor geringer Kulisse über die Bühne gehen: Höchstens 9.000 Fans können das Heimspiel verfolgen. Weil das Harbig-Stadion umgebaut wird, verringert sich die Kapazität deutlich. Zudem erfolgt der Anpfiff der Partie bereits um 13:30 Uhr, weil die Flutlichtanlage nicht mehr in Betrieb ist. Eine Saison-Premiere könnte es in der Aufstellung kommen. Nach neunmonatiger Zwangspause winkt Tomas Votava eine kurze Einsatzchance. Der Tscheche hatte im Landespokal sein Comeback gegeben und für seinen 60-Minuten-Einsatz gute Noten von Dynamo-Coach Eduard Geyer erhalten.


Sächsische Zeitung, 20.November 2007

Das große Anbaggern
Von Thilo Alexe und A. Rentsch


Parallel zum Bau der Waldschlößchenbrücke beginnt der Abriss des Rudolf-Harbig-Stadions.
Waldschlösschenbrücke

...

Rudolf-Harbig-Stadion

Auch das Rudolf-Harbig-Stadion steht auf geschichtsträchtigem Boden. Der Stadionwall ist mit Trümmerschutt des Zweiten Weltkriegs verfüllt. Darüber erhebt sich die Hornbach-Tribüne. Um 11.20 Uhr senkt sich zum ersten Mal der Hydraulik-Arm eines Baggers. Unter den Augen einiger Schaulustiger und Pressevertreter beginnt der Abriss. Unten an der Laufbahn flexen Handwerker Gitterzäune weg.

Lücke im Stadion-Oval

Kai-Uwe Panzer macht ein zufriedenes Gesicht. „Bis zum Wochenende soll die Tribüne zu zwei Dritteln verschwunden sein“, kündigt der Projektleiter des Düsseldorfer Sportstättenbauers HBM an. Beim Regionalliga-Spiel am Sonnabend gegen die Reservisten von Energie Cottbus wird erstmals eine Lücke im Stadion-Oval klaffen.
Die weiteren Etappen auf dem Weg zur neuen Arena stehen ebenfalls fest: In der nächsten Woche verschwindet der Flachbau zwischen der Tribüne und dem Georg-Arnhold-Bad. Ab dem 3. Dezember fällt die erste Lichtmast-„Giraffe“, drei bis vier Tage später die zweite. „Beim Rückbau des Stadionwalls beginnen wir im Block F und arbeiten uns langsam vor“, erklärt der HBM-Beauftragte. Wann die ersten Fundamente für den Neubau gelegt werden, hinge dagegen davon ab, wie schnell die Stadt die Baugenehmigung erteilt. Geschehen müsste dies bis Mitte Dezember – sonst droht laut Panzer bereits zum ersten Mal Bauverzug.
Die Verantwortlichen von Dynamo denken derweil schon an ein Heimspiel im neuen Jahr: Am 23.Februar ist der 1. FC Magdeburg zu Gast – eine Begegnung, die hoher Sicherheitsvorkehrungen bedarf. „Wir planen für Januar ein Treffen. Dann werden wir die Situation im Stadion beurteilen“, sagt Geschäftsführer Bernd Maas.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die vom Club gewünschten 12000 Zuschauer nicht mehr auf die verbliebenen Ränge passen werden. Projektleiter Panzer rechnet mit etwa 9500 Plätzen in der Bauphase.

mdr.de, 19.November 2007

Tribüne im Harbig-Stadion fällt

Abseits des Rasens geht’s in Dresden derzeit auch heiß her. Im Rudolf-Harbig-Stadion wurde am Montag mit dem Rückbau der ersten Tribüne begonnen. Am 3. Dezember fällt dann die Flutlichtanlage. Die fast berühmten vier Giraffen werden demontiert, weil der Stadionneubau um knapp 30 Meter nach Süden verlegt wird. In der neuen Arena ist die Beleuchtungsanlage im Dach integriert. Das marode Rudolf Harbig-Stadion wird nach und nach abgerissen und innerhalb von zwei Jahren für rund 43 Millionen Euro umgebaut.

Sächsische Zeitung, 15.November 2007

CDU-Fraktion lehnt vorerst Parkkonzept für Stadion ab

Die Stadt hat ein Konzept vorgelegt, wie die Zuschauer das neue Rudolf-Harbig-Stadion erreichen können. Die CDU-Fraktion möchte jedoch die Entscheidung zur heutigen Stadtratssitzung vertagen. „Wir bezweifeln, dass 2400 Parkplätze ausreichen. Zudem fehlt noch die Stellungnahme der Polizei“, sagt Sprecher Helfried Reuther. (SZ/kle)

Sächsische Zeitung, 14.November 2007

Dynamo-Giraffen fallen

Am 3. Dezember wird die Flutlichtanlage im Stadion demontiert.

Der erste Lichtmast am Rudolf-Harbig-Stadion muss für den Neubau am 3. Dezember weichen. Den Termin gab der Projektleiter des Sportstättenbauunternehmens HBM, Kay-Uwe Panzer, nach mehrstündigen Beratungen am Dienstag bekannt. Als erste der vier Giraffen wird die an der Hornbachtribüne zur Badseite gelegene abmontiert.
„Sie wird von oben in Einzelteile zerlegt. Das geschieht mit Hilfe eines Krans“, sagte Panzer. Die im Volksmund als Giraffen bezeichneten Masten werden deshalb abmontiert, weil der Stadionneubau um knapp 30 Meter nach Süden verlegt wird. In der neuen Arena ist die Beleuchtungsanlage im Dach integriert. (SZ/ale)


Sächsischer Bote, 13.November 2007

Tribünen-Abschied mit dem Schraubenzieher

Dort, wo am Samstagnachmittag noch Tausende Dynamo-Fans den 3:0-Sieg ihrer schwarzgelben Lieblinge über Wuppertal feierten, wurde am Sonntag geschraubt was das Zeug hielt. Mehr als 300 Souvenir-Jäger bevölkerten die Hornbach-Tribüne des Rudolf-Harbig-Stadions und sicherten sich eine oder mehrere der grünen, grauen oder weißen Plastik-Sitzschalen, die der Verein für 11,11 Euro an Interessenten abgab. Am Ende kamen rund 16 000 Euro zusammen, die nun in die Stiftung für den Nachwuchs-Fußball einfließen. G./Foto: Garten


Sächsische Zeitung, 13.November 2007

Anpfiff für den Stadionbau
Von Thilo Alexe


Es geht los: Arbeiter schuften für den Abriss des maroden Ovals. Tore werden versetzt, Zäune weggefräst.
Frank Lah und Jörg Maiwald arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Unter die Regentropfen, die auf sie herabprasseln, mischt sich Schnee. Es ist dunkel und stürmisch, der Rasen, auf dem die beiden stehen, suppt so matschig wie ein Sumpf am Mississippi. Doch die beiden lassen sich davon nicht beirren. Sie schaufeln, messen und rechnen. Ihre brisante Aufgabe: Tore versetzen.

Neuer Standort

Das Duo zählt zu den ersten Arbeitern, die seit Montag das Harbig-Stadion in eine Baustelle verwandeln. „Das Tor muss zwei Meter weiter nach rechts“, sagt Frank Lah, der zum Schutz gegen den Regen eine Mütze mit „Dynamo“-Aufdruck trägt. Weil im Zuge des Stadionneubaus das Spielfeld verkleinert wird, müssen auch die Torgestänge verschoben werden. „Passt“, sagt Lah mit professionellem Blick auf die Wasserwaage. Am neuen Ort prangt das zur Badkurvenseite verankerte Tor kerzengerade.
Der erste Tag auf der Baustelle Harbig-Stadion steht im Zeichen der Abriss- und Bauvorbereitung. Arbeiter fräsen die sogenannten Wellenbrecher, Zäune in den Kurvenblöcken, weg. Die Stromversorgung für die Baumaschinen steht seit gestern, heute sollen das Spielfeld verkleinert und die Sprinkleranlagen im Rasen versetzt werden.
„Ab Montag wird die Hornbachtribüne abgeknipst“, sagt der Projektleiter des Bauunternehmens HBM, Kay-Uwe Panzer. Die Technik im Sprecherturm – dort sind Fernsehen, Polizei und Stadionsprecher Peter Hauskeller beheimatet – wird in drei Container am Marathontor verfrachtet. Wann die Giraffen fallen, ist noch unklar.

Genehmigung steht aus

Im Dezember soll der Neubau der Hornbachtribüne beginnen. Bis dahin muss Panzer Unmengen an Bürokratie bewältigen. Bevor die Stadt die Baugenehmigung erteilt, sind etliche Absprachen mit dem Rathaus nötig. Kleiner Trost für Panzer: Für den Abriss braucht HBM keine Genehmigung. Kleiner Trost für Fans: Vielleicht kommen Dynamo-Flanken exakter vors Tor, wenn das Feld kleiner ist.

Das neue Stadion

Bis 2009 soll das neue Stadion stehen.
Die heiße Phase des Baus soll noch in diesem Jahr beginnen. Bis Ende November stehen aber Abriss- und Vorbereitungsarbeiten.
Während der Bauzeit sollen mindestens 12000 Zuschauer im Stadion Platz finden.
Die Baukosten betragen mehr als 40 Millionen Euro. Die Stadt bürgt für den Großteil der Summe und schießt zudem Betriebskosten zu.
Architekt des Stadions ist Martin Beyer, der auch das Rostocker Ostsee-Stadion entwickelt hat. Das Bauunternehmen ist HBM.


BILD, 12.November 2007

Stadion geplündert

Für Sitzschalen wurden 16000 Euro gespendet

Im Harbig-Stadion wurde gestern geschraubt, gedreht und abmontiert was das (Werk-) Zeug hielt... Hunderte Dynamo-Fans waren trotz strömenden Regens gekommen, um sich vorm Stadionneubau noch ein ganz besonders Stück zu sichern - eine Sitzschale. Knapp 1500 der Plasteschalen gingen in privaten Besitz über. Selbst aus dem über 300 km entfernten Neustrelitz reisten Fans an, erwarben über 300 Sitze für eine Spende von je 11,11 Euro.
Der Dresdner Horst Werner (51) schraubte den Platz ab, auf dem er 45 Jahre lang die Spiele der Schwarz-Gelben verfolgte. Insgesamt kamen über 16 000 Euro an Spenden zusammen. Das Geld fließt in eine Stiftung, die den Nachwuchs-Fußball in und um Dresden fördert. Heute wird offiziell mit dem Stadion-Neubau begonnen.


Stadionwelt, 12.November 2007

Dynamo-Fans starten Stadionumbau

Am gestrigen 11.11. um 11:11 Uhr – also pünktlich zum Karnevalsauftakt – durften die Fans von Dynamo Dresden auf die Hornbach-Tribüne des Rudolf-Harbig-Stadions, um sich dort – kurz vor dem Abriss des Stadions – noch eine von etwa 5.000 Sitzschalen zu sichern.
Gut die Hälfte der Schalen wurde so an den Mann gebracht, bei einem Preis von 11,11 Euro pro Stück hat eine vom Sportstättenbauer HBM, der Stadt Dresden und der SG Dynamo ins Leben gerufene Stiftung zur Förderung des Fußballs in der Region bereits 16109,56 Euro eingenommen. Selbst aus dem entfernten Neustrelitz reiste eine große Gruppe Dynamofans an und schraubte über 300 Sitze ab. Der Chef der Gruppe Armin Schulz: „Das ist doch eine tolle Sache. Die Sitze wandern nun von Dynamos Rudolf-Harbig-Stadion in unser Rudolf-Harbig-Stadion der TSG Neustrelitz.“
Schon heute soll die künftige Baustelle umzäunt werden. Dann verschwindet die Hornbachtribüne hinter den Absperrungen. „Die dort installierte Technik für Polizei und Rundfunkreporter wird abmontiert und in einem Provisorium verstaut“, kündigte Bauleiter Kay-Uwe Panzer bereits an. Eine Woche später – voraussichtlich am 19. November – fallen dann die ersten Tribünenteile.


Sächsische Zeitung, 12.November 2007

Liebe zur Hartschale

Von Thomas Schade und Thilo Alexe


Am Tag nach dem letzten Spiel im alten Stadion beginnen Dynamo-Fans mit dem Umbau: Am 11.11. ab 11.11 Uhr bauen sie Sitze ab und spenden für jeden 11.11 Euro.
Ein richtiger Fan weiß, was er hat an seinem Stadionplatz. Von hier aus feuert er seine Mannschaft an. Bei jedem Tor der Gelb-Schwarzen springt er auf, wie alle um ihn herum. Nach Niederlagen muss die grüne Schale schon mal einen Tritt hinnehmen. Im Winter hält er es zwei Halbzeiten lang eh nur mit einer Decke unterm Hintern auf der harten Schüssel aus, die nicht mal eine Lehne hatte. Und dennoch ist der Fan froh über seinen angestammten Platz im Rudolf-Harbig-Stadion. So ein inniges Sitzverhältnis zwischen dem Fan und seiner verwitterten Plastikschale endet nicht schnöde auf einer Deponie für Sondermüll.
Das sehen an diesem nasskalten Sonntag Hunderte Dynamo-Anhänger so oder so ähnlich. Familie Nicolaus aus Dresden gehört dazu, Reiko Strauß aus Weinböhla, Gert Götze aus Nossen und viele andere Stammbesucher. Alle folgen dem Aufruf der Fan-Initiative Pro Rudolf-Harbig-Stadion (Pro RHS). Die war auf die Idee gekommen, die Sitze nicht einfach der Verschrottung preiszugeben. Sie einigte sich mit dem Bauunternehmen HBM und organisierte die originelle Demontageaktion auf der Hornbachtribüne zum Faschingsauftakt.

Mutters Stammplatz

Kurz nach elf Uhr werkeln Thomas Nicolaus und seine Frau etwas verzweifelt an einer der alten Sitzschalen herum. Es muss unbedingt diese sein: ganz oben in der Reihe 31 des Blocks N. Aber Thomas Nicolaus hat nicht das passende Werkzeug dabei. Hilfe suchend wendet sich seine Frau an einen der Männer in den leuchtend-orangen Westen. Der Helfer von der Fan-Initiative kommt mit dem Werkzeugkasten. Demontiert werde der Sitz für Mutter Ute, sagt Thomas Nicolaus. „Sie saß viele Jahre auf dem Platz, kommendes Jahr wird sie 65, da soll der Sitz eine Überraschung werden“, sagt er. „Hoffentlich entdeckt sie uns jetzt nicht in der Zeitung.“ Schraubenzieher, Kreuzschrauber oder Ringschlüssel der Größen zehn und 17–die benötigt der Fan bei der Demontage seines Sitzes. Denn so unterschiedlich wie ihre Lebensdauer, so verschiedenartig wurden Plastikteile auch angeschraubt. Reiko Strauß aus Weinböhla ist bestens ausgerüstet. Für fünf Sitze hat er am Eingang 65Euro hingelegt. Nun ist er auf der Suche nach den Plätzen, auf denen er seit Jahren die Heimspiele seiner Mannschaft verfolgt hat. „Einer kommt vielleicht an die Wand, die anderen werden im Partykeller weiterleben, als Sitz natürlich“, sagt er.
Lange vor dem offiziellen Start 11.11 Uhr machen sich zahlreiche Vereine auf der Hornbachtribüne zu schaffen. Immo und Stanley vom SV 52 Zschaitz aus der Gegend von Döbeln schleppen ein Eisengestell mit fünf Sitzen zum Auto.

Froh über den Baubeginn

Den mit Abstand längsten Weg legte die 2. Mannschaft der TSG Neustrelitz zurück für die verwitterten Plastikschalen. „Wir bauen gerade unser Stadion um und haben Bedarf für 300 Sitze angemeldet“, sagt Heiko, der Trainer der 2. Mannschaft. „Armin“ ruft plötzlich einer aus der achtköpfigen Neustrelitzer Truppe. Gemeint ist Armin Schulz, ein echter Mecklenburger, verheiratet mit einer Dresdnerin und deshalb seit vielen Jahren auch Dynamo-Fan. In Neustrelitz sponsert er mit seiner Baumaschinenfirma den Oberligaverein. Die Sitzplätze für die TSG hat er organisiert.
Nachdem Wagefeld und Co. am Vortag mit ihrem soliden 3:0-Sieg gegen Wuppertal einen würdigen Schlusspunkt im alten Harbig-Stadion gesetzt haben, beginnen die Fans quasi am Tag danach schon mit dem Umbau–unbeeindruckt von den jüngsten Querelen um den neuen Geschäftsführer des Vereins.
Die meisten sind froh, dass es nach jahrelangem Hickhack im Dresdner Stadtrat und einem heftigen Streit zwischen Landeshauptstadt und dem Freistaat nun endlich losgeht. Nachdem eine kommunale Baubürgschaft gegeben wurde, beginnt der Abriss des ohnehin bröckelnden Ovals. Schon heute soll die künftige Baustelle umzäunt werden. Dann verschwindet die so genannte Hornbachtribüne hinter den Absperrungen. „Die dort installierte Technik für Polizei und Rundfunkreporter wird abmontiert und in einem Provisorium verstaut“, kündigte Bauleiter Kay-Uwe Panzer bereits an. Eine Woche später–voraussichtlich am 19. November–fallen die ersten Tribünenteile.
Dennoch dürfte der Baustart weder über die sportlich bislang eher durchwachsene Saison der Gelb-Schwarzen noch über das jüngst erneut aufgeflammte Gewalt-Problem mit unverbesserlichen Anhängern hinwegtäuschen. Dennoch soll der Baubeginn den krisengeschüttelten Traditionsclub Dynamo in ruhigere Fahrwasser bringen. 14.14 Uhr fallen am Sonntag Schraubenzieher und Ringschlüssel aus der Hand. Wenige später zeigt sich Thomas Blümel, einer der Organisatoren, hoch zufrieden. Etwa eintausend Vereinsanhänger haben in den drei Stunden auf der Hornbachtribüne geschraubt. „Von den insgesamt 5000 Sitzen ist die Hälfte weg“, sagt Blümel. „Das ist mehr als wir erwartet hatten, sensationell“, sagt er. Das sei echte Fan-Arbeit. Damit habe die Fan-Initiative mit den Sitzen bisher 16109,56 Euro eingenommen, sagt Blümel. Das Geld soll in eine Stiftung fließen, die er initiiert hat. Die restlichen Sitze sollen heute abgebaut und eingelagert werden. Bis Anfang Dezember. Dann gebe es eine Auktion, auf der die Schalen und einige andere Raritäten unter den Hammer kommen. Mindestens 300 Sitze sind dann vielleicht schon wieder bei der TSG Neustrelitz montiert– in deren Rudolf-Harbig-Stadion.

Stadionneubau ist notwendig

Fußball bestimmte schon als Kind meine Freizeit. Ich habe mit elf Jahren angefangen, aktiv zu spielen. Am Sonnabend sah ich mir das letzte Spiel an. Den Stadionneubau halte ich für notwendig. Im Gegensatz zu anderen deutschen Großstädten hatte ich in Dresden das Gefühl, die Zeit wäre vor 30 Jahren stehen geblieben. Die „Giraffen“ sollte man als Wahrzeichen erhalten. Die erinnern mich an die tolle Zeit, als „Dynamo Dresden“ noch erfolgreich war. (som)


Sächsische Zeitung, 10.November 2007

Dynamo-Sitze als Fanartikel

Von Thilo Alexe


Am Sonnabend wird das letzte Spiel im alten Stadion angepfiffen. Am Sonntag dürfen Fans Souvenire ergattern.
Wenn Schiedsrichter Michael Weiner am Sonnabend um 14 Uhr das Dynamo-Heimspiel gegen Wuppertal anpfeift, ist das Ende nicht mehr weit: Der Pfiff des Unparteiischen ist Startsignal zum letzten Heimspiel im altehrwürdigen Rudolf-Harbig-Stadion. Am Montag beginnt mit dem Einrichten der Baustelle nach jahrelangen Querelen der Abriss des maroden Ovals – Ende einer Legende.
Bevor die Bagger anrollen, haben die Fans am Sonntag die Möglichkeit, einen Teil „ihrer“ Kultstätte ins heimische Wohnzimmer mitzunehmen. Am 11.11. können sie ab 11.11 Uhr gegen eine symbolische Spende von natürlich 11,11 Euro einen der wenig komfortablen Hartschalensitze auf der Hornbachtribüne abschrauben.

Begehrte Schalen

„Zusagen für 1500 Sitze von Vereinen liegen uns bereits vor“, sagt Thomas Blümel von der Faninitiative Pro Rudolf-Harbig-Stadion. Der Erlös soll in eine noch zu gründende Stiftung eingebracht werden, die den Fußballnachwuchs in der Region fördert.
Am Sonntag werden lediglich die mitunter auch als Wurfgeschosse missbrauchten Sitze vergeben, andere Stadion-Stücke stehen nicht zum Verkauf. „Die sind begehrt, unter anderem wurden nachts schon Blockbeschilderungen geklaut“, sagt Dynamo-Sprecher Peter Tauber. Mittlerweile wird das Stadion rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht.
Alles was auf der Hornbachtribüne nicht niet- und nagelfest ist und nicht den Abrissbirnen weicht, wird an einem geheimen Ort eingelagert, wie Stadionbauleiter Kay-Uwe Panzer sagt. Es soll später unter den Hammer kommen. Wenn im kommenden Jahr die Tribüne an der Lennéstraße abgerissen und neu gebaut wird, könnten auch die Stadionuhr und andere Utensilien versteigert werden. „Es gibt schon Anfragen aus der ganzen Welt“, sagt Blümel.

Bauzaun ab Montag

Nachdem die Souvenirjäger die Tribüne „abgegrast“ haben, rücken am Montag die Bauarbeiter an. „Dann wird die Hornbachtribüne abgezäunt“, sagt Panzer. Eine Woche später sollen die ersten Teile des Ovals fallen – für das neue Stadion. Die Genehmigung für den Neubau wird in Kürze erwartet.
Fans sollen am Sonntag Schraubenzieher mitbringen. Der Einlass auf der Badseite ist ab 11.11 Uhr geöffnet.


Gibt es doch eine Rettung für die Giraffen?
Von Holger Metzner
Ein Dresdner Architekt legt Pläne vor für den Erhalt der bekannten Dynamo-Wahrzeichen.
Vergangene Woche sagte Dynamo-Hauptgeschäftsführer Bernd Maas, er hoffe noch immer, nach dem Neubau wenigstens einen der Flutlichtmasten des alten Stadions erhalten zu können. Jetzt präsentiert der Architekt Joachim Rieger eigene Gedanken, wie die Masten zu retten wären. „Wir würden daraus echte Giraffen machen“, sagt Rieger. „Mit einem Körper aus Stahl und Glas und mit vier, statt bisher drei Beinen.“ Damit soll nicht nur ein Wahrzeichen für die Stadt erhalten bleiben, sondern auch Fans ein neuer Treffpunkt geboten werden. Schließlich soll auch die Fankneipe „Kulti“ auf der Lennéstraße dichtgemacht werden. „Nach unserem Entwurf wäre für jeden Geldbeutel etwas dabei“, sagt Rieger. „Ganz unten könnten Wurst- und Bierstände aufgebaut werden, in die erste Etage des Glasbaues käme eine Kneipe und oben drüber eine elegante Lounge.“ Verbunden würde das alles durch eine große Glasfassade. Der Clou: Dort, wo bisher die Scheinwerfer hingen, könnten exlusive VIP-Räume entstehen. Wer es sich leisten kann, könnte aus luftiger Höhe die Aussicht auf Stadion und Stadt genießen. „Es wird nicht einfach, die Regeln für den Brandschutz einzuhalten“, sagt der Architekt, der unter anderem das St.-Afra-Gymnasium in Meißen gebaut hat. „Aber wenn man wirklich will, können auch solche Fantasien realisiert werden.“Dabei scheint das letzte Wort über die Giraffen schon gesprochen: Die Pläne der Baufirma HBM sehen den vollständigen Abriss vor. Durch die Versetzung des Stadions weg vom Arnholdbad, bliebe kein Platz mehr dafür. Doch das Architekturbüro ist optimistisch: „Unser Statiker hat in den Sechziger Jahren selbst beim Aufbau der Anlage mitgearbeitet“, sagt Rieger. „Er ist sich sicher, dass die Masten relativ einfach zu verschieben wären.“
So eröffnen sich neue Möglichkeiten. Theoretisch könnte diese oder eine andere Vision auch in einem anderen Stadtviertel realisiert werden, etwa an der Stauffenbergallee, mit phänomenaler Sicht über die Stadt. „Andere Städte suchen händeringend nach solchen Wahrzeichen“, sagt Rieger.
Allerdings müsste dafür eine solide Finanzierung her. Auf 1,5Millionen Euro reine Baukosten schätzten die Architekten das Projekt. Ex-Aufsichtsratsmitglied Mirko Schüring hatte sogar schon einmal versucht, Geld für Riegers Entwurf zu organisieren – bis jetzt allerdings erfolglos.

Eine Chance für die Giraffen

Am Sonnabend gibt es wieder einmal ein Abschiedsspiel für das Dynamo-Stadion. Es ist das dritte dieser Spiele, weil sich der Beginn des Baus immer wieder verschoben hat. Jetzt also soll es endgültig sein.
Dresdens Dynamo-Stadion wird umgebaut. Die Entwürfe für den Bau sehen schick aus. Dennoch bleibt es ein Zweckbau fürs Fußballspielen. Angesichts der unschönen Szenen rund um die Fußballspiele müssen sich Stadt und HBM als Baufirma jetzt vor allem Gedanken darüber machen, wie während des Baus Ausschreitungen verhindert werden können.
Und um ein kleines Stück der Legende erhalten zu können, wäre es schön, wenigstens eine der Giraffen könnte erhalten bleiben. Es mag blöde Nostalgie sein, aber die Riesenleuchter waren lange ein Symbol der Stadt. Und ein Zitat aus der Vergangenheit, so wie die Kaufhauswaben an der Prager Straße, erhalten ein Stück Erinnerung.

Sächsische Zeitung, 7.November 2007

Letztes Spiel im alten Oval
von Daniel Klein

Unabhängig vom Ausgang: Es wird kein Spiel wie jedes andere, wenn am Sonnabend, 14 Uhr, Dynamo Dresden zum Regionalliga-Duell den Wuppertaler SV empfängt. Bereits einen Tag später beginnt der Abriss des 1951 nach den Kriegszerstörungen wiedereingeweihten Rudolf-Harbig-Stadions. „Ein erneutes Abschiedsspiel ist dies aber nicht. Davon hatten wir ja bereits genügend“, erklärt Hauptgeschäftsführer Bernd Maas (siehe Chronik). Auf Feuerwerk und Show müssen die Zuschauer deshalb verzichten.
Am Sonntag können sie zwischen 11.11 und 14.14 Uhr aber bereits den Abriss einläuten. Die Sitzschalen auf der Gegentribüne werden gegen eine Mindestspende von 11,11 Euro zur Selbstdemontage freigegeben. Die Einnahmen bilden den Grundstock für die „Dynamo-Dresden-Fußball-Stiftung“, mit der bedürftigen Vereinen in der Region künftig geholfen werden soll.
Die ersten Bagger werden in der kommenden Woche jedoch noch nicht anrollen. „Wir müssen erst einmal die Baustelle einrichten“, erklärt Kay-Uwe Panzer, der Projektleiter des Bauherrn HBM. Dazu wird der gesamte Bereich zwischen Marathon-Tor, entlang der Hornbach-Tribüne bis zu den Tribünen, die an das Arnhold-Bad grenzen, eingezäunt. Die Hälfte des Stadions steht Dynamo beim Heimspiel am 24. November gegen die Reserve von Energie Cottbus schon nicht mehr zur Verfügung. Die Kapazität schrumpft auf deutlich unter 11.000 Zuschauer.
Gegen die Cottbuser Amateure ist auch der Rasen bereits um vier Meter schmaler, die Tore versetzt, die Linien neu gezogen, der Stadionsprecher in einen Container am Spielfeldrand gezogen und die Beregnungsanlage verlegt. „Der eigentliche Abriss beginnt dann mit der Demontage des Aufbaus der Gegentribüne“, erläutert Panzer. Erst dann können die großen Baufahrzeuge ungehindert rangieren. Der Stadionwall wird zuerst hinter dem Arnhold-Bad „angeknabbert“. Neun Monate soll der erste Bauabschnitt dauern.
Ihre Tickets umtauschen müssen die Fans jedoch nicht. „Für die Blöcke, die jetzt abgerissen werden, haben wir vor dem Saisonstart erst gar keine Dauerkarten verkauft“, erklärt Dynamo-Geschäftsführer Maas. Allerdings wird es künftig eng auf den Traversen. Ein ausverkauftes Rudolf-Harbig-Stadion wird dann keine Seltenheit mehr bleiben.

Die Chronik der Abschiedsspiele im Harbig-Stadion

Der Partie am Sonnabend gingen einige voreilige Abschiedsspiele in dem 1951 wiedereröffneten Harbig-Stadion voraus.

16.11.2003 Abschied feiert noch nicht das Stadion, sondern der ehemalige Dynamo-Stürmer Ulf Kirsten. Die 30.000 Zuschauer hoffen jedoch auf einen baldigen Baubeginn, der konkret bereits seit 1997 geplant wird.

30.8.2006 Beim sportlich unbedeutenden Landespokalspiel gegen den Bischofswerdaer FV (5:1) sollen die im Volksmund „Giraffen“ genannten vier Flutlichtmasten nach 37 Jahren ein letztes Mal leuchten. Die von bengalischem Feuer begleitete AbschiedsShow wurde zu früh inszeniert. Die „Giraffen“ strahlten weiter.

29.6.2007 Nachdem sämtliche Behörden endgültig grünes Licht gaben, trafen sich ehemalige Dynamo-Akteure zum „Spiel der Legenden“. 10.000 Zuschauer sahen 15 Tore und ein munteres Spiel. Aber das letzte in der Ruine war es noch nicht. (SZ)


Wochenkurier, 6.November 2007

Einwurf von Gert Zimmermann

Das wirklich letzte Spiel in der ursprünglichen Kultstätte steht an.
Nach Wuppertal kommen die Bagger. Die gute alte Stahlrohr-Tribüne ist als erstes dran.

Vor dem Europapokal-Spiel der Landesmeister im September 1971 gegen Ajax Amsterdam wurde sie auf Beschluss der Bezirksleitung der damals herrschenden Partei umfunktioniert. Von der 1. Mai-Winke-Winke-Einrichtung zur damals unbedingt nötigen Zusatz-Tribüne für tickethungrige Dynamo-Fans. Es zog zwar wie Hechtsuppe, doch das interessierte damals keinen, der mit Dauer-Jahreskarte die beim Schritt klirrenden Stufen nach oben kletterte.

Wichtig wird dieses Ding gegen Wuppertal. Siegen und weiter auf die dritte Liga hinarbeiten. So die Devise von Cheftrainer Eduard Geyer. Er hat schnell mitbekommen, dass der Klassenerhalt von Liga Drei das höchste aller Gefühle sein kann. Alles andere war wieder einmal Dynamo pur. Vom Aufstieg träumen, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht da waren. Das begann schon mit der Kader-Zusammenstellung. Logisch war bereits im Sommer, dass die umstrittene U-23 Regelung im Laufe der Saison für Schwierigkeiten sorgen würde. Deshalb war der Leistungssprung einiger Akteure in Essen wie ein Geschenk.
Irgendwie muss der Trainer mit seiner geradlinigen, zwar kantigen Art die Gehirnwindungen seiner Schützlinge erreicht haben. Aus einer Kuh könne er kein Rennpferd machen und aus Feiglingen über Nacht keine selbstbewussten Siegertypen. Das saß, hätte aber auch nach hinten losgehen können. Nein, das Packen an der Ehre hat sich gelohnt. Geyer muss auch nicht den Gute-Laune-Onkel spielen, kann sich überhaupt nicht verstellen. Er ist am Spielfeldrand immer noch der Alte. Wild gestikulierend deutete er in Essen an, dass die Zeit abgelaufen ist. Vorher legte er sich mit dem Linienrichter an. Sein Feuer muss der 63-Jährige auf seine Kicker übertragen. Auch wenn die Kritik, gegen Union Berlin hätte es in einem wichtigen Fight keine einzige Gelbe Karte gegeben, von Ernemann falsch gedeutet wurde. Der ging schon 20 Minuten zu zeitig duschen.
Da die Hoffnung bei Dynamo prinzipiell nie stirbt, müssten ja bald einige der Verletzten wieder zurück ins Team kommen. Bitter nötig, denn das Gefälle im Kader ist riesengroß. Deshalb muss das Kämpfen erlernt werden. Wer das nicht kapiert, muss Weihnachten die Koffer packen.


Dresdner Morgenpost, 5.November 2007

Stadion: Am Sonntag kommen 3000 Sitze unter den Hammer

Dresden. Drei, zwei, eins - Dynamo: Jetzt kommt das Inventar des alten Rudolf-Harbig-Stadions unter den Hammer. Los geht´s am 11.11. um 11.11 Uhr!

Viele haben darauf gehofft, sich vor dem Abriss der Kult-Arena ein Stück von ihr zu sichern. Der eine träumt von seiner Sitzschale auf der er seit Jahren den Dynamos die Daumen drückt, der andere vom Schild des Lieblingsblocks. "Diesen Traum kann sich jetzt jeder erfüllen", verspricht Thomas Blümel.
Das Mitglied von Pro RHS wird mit dem Erlös der Utensilien eine Fußball-Stiftung zusammen mit HBM (Stadionbauer) gründen, die Vereine in Dresden und Umland unterstützt. "Damit profitieren auch andere vom Stadionneubau", so Blümel. Und da die Bagger am 13. November rollen, steigt einen Tag nach dem Wuppertal-Spiel exakt am 11.11. um 11.11 Uhr die erste Aktion. Dann sollen insgesamt 3000 Sitzschalen von der Hornbach-Tribüne ihren Besitzer wechseln. "Bewaffnet" mit Kreuzschlitz-Schraubendreher und einem Achter-Schrauben-Schlüssel (Ausnahmen möglich) kann sich jeder ein, zwei oder drei Sitze sichern. Eine Schale kostet 11,11 Euro. Man muss sich beeilen: Um 14.14 Uhr ist das Ganze bereits wieder vorbei. Aber keine Angst: Im Dezember gibt´s eine Auktion, auf der alle Utensilien aus den Blöcken F bis K unter den Hammer kommen. Die MORGENPOST verrät exclusiv, wo und wann.

Langfinger aufgepass! Wer glaubt, sich in einer Nacht- und Nebelaktion schon vorher ein Stück des Rudolf-Harbig-Stadions zu sichern, ist auf dem Holzweg. Wachsame Augen im Stadion rufen bei Dieben zu jeder Zeit die Polizei.

Enrico Lucke


Sächsische Zeitung, 3. November 2007


Im Internet: www.dresdner-fussball-museum.de/www.11freunde.de

Neues Stadion, weniger Chaos
Von Andreas Rentsch

Fußball-Experte Philipp Köster ist überzeugt, dass das neue Dynamo-Stadion weniger Krawalle erlebt. Die Fankultur sieht er dagegen in Gefahr. Das alte Rudolf-Harbig-Stadion behält Philipp Köster in guter Erinnerung. Der Chef des Fußballmagazins „Elf Freunde“ hat vor Jahren mehrmals auf der Gästetribüne gestanden – als Anhänger von Arminia Bielefeld. „Ich mag es, wenn ein Stadion auf den ersten Blick erkennbar ist.“

Abend mit „Elf Freunden“

In ihrem monatlich erscheinenden Blatt haben der 35-Jährige und seine Kollegen auch die Schattenseiten ostdeutscher Fußball-Fankultur beschrieben. Gewalttätige Ausschreitungen wie nach den Spielen von Dynamo-Teams gegen Union Berlin und Lok Leipzig am vergangenen Wochenende sieht der Journalist als prägendes Phänomen. „Hooligans sind im Osten eine dominierende Jugendkultur.“
Wenn Köster heute Abend im Dresdner Fußball-Museum an der Hauptstraße spricht, dann erzählt er möglicherweise auch von der Zeit, in der er seinem Verein zu jedem Auswärtsspiel hinterher reiste. „Damals war klar: Wenn es nach Schalke oder Bochum geht, gibt es Krawalle.“ Doch in den vergangenen Jahren sei das Gewaltpotenzial stetig geschrumpft. „In den meisten Stadien passiert nicht mehr viel.“ Auf solche Zeiten hofft auch Sebastian Schwerk, der Organisator des „Elf Freunde“-Leseabends in Dresden. Er setze große Hoffnungen in die neue Arena, sagt der 34-Jährige. Den Wahldresdner stören besonders die „verblendeten Argumente“ mancher Dynamo-Anhänger. „Woher haben 22-Jährige das Feindbild Westdeutschland?“ Jens Genschmar, Dynamo-Aufsichtsratsmitglied und Betreiber des Fußballmuseums, weiß eine Antwort auf diese Frage. Viele Aggressionen seien durch das Gefühl entstanden, sportlich abgehängt zu sein, sagt der 39-Jährige. Diese Haltung sei von älteren Hooligans an die nachfolgende Generation weitergegeben worden. „Viele, die sich mit den Lok-Anhängern geprügelt haben, sind gerade 18 oder 19. Die haben Dynamo in der ersten Bundesliga gar nicht erlebt.“ Immerhin: Durch den nun beginnenden Bau des neuen Stadions dürften die Chancen steigen, dass es künftig friedlicher bei Spielen der Gelb-Schwarzen zugeht – allein schon durch die Architektur und die Sicherheitstechnik der HBM-Arena. Philipp Köster bezeichnet das Projekt sogar als „Impuls für die Erneuerung des Vereins“. Andererseits befürchtet er, die lebendige Fan-Kultur werde leiden, wenn der Neubau in Betrieb geht. „Ich denke da zum Beispiel an Musik, die vor dem Spiel permanent läuft. Da haben die Fans gar nicht mehr die Gelegenheit, sich ordentlich einzusingen.“ Solche Folklore schildern die „Elf Freunde“-Autoren in ihren oft gelobten Reportagen, Kommentaren und Berichten. Verbale Attacken des Gegners gehörten im Stadion übrigens dazu, findet Philipp Köster – genauso wie das Anfeuern der eigenen Mannschaft.

Legendäre Niederlagen

Mit mancher leidvollen Erfahrung des erklärten Arminia-Anhängers („1:11 gegen Dortmund und 1:8 gegen Bremen“) dürften sich manche Dynamo-Fans identifizieren, die noch mit Grausen an das legendäre 3:7 gegen Bayer Uerdingen im Europapokal 1985 denken. Köster sieht es in jedem Fall sportlich: „Letztlich redet man noch heute über diese Spiele. Das ist doch das Beste, was passieren kann.“
Heute 21 Uhr startet die letzte Etappe der „Elf Freunde“-Lesereise im Fußball-Museum an der Hauptstraße 7. Eintritt: 13 Euro


Sächsische Zeitung, 1. November 2007

Politiker hoffen auf Fußball-Spiele zur Frauen-WM

Über die Vergabe der Frauen-Fußball-WM an Deutschland zeigt sich Grünen-Fraktionssprecherin Eva Jähnigen erfreut: „Damit hat Dresden die Chance, Teil eines großen Fußball-Festes zu werden.“ Jähnigen fordert deshalb den Freistaat auf, die direkte Förderung der Fanprojekte wieder aufzunehmen.
Bisher sind zwölf deutsche Städte als Ausrichtungsorte vorgesehen, Dresden gehört zu den Bewerbern. „Die Fußball-WM muss hier zur Chefsache werden, denn sie kann das Image der Stadt hinsichtlich manch unschöner Begleitumstände bei Fußballspielen deutlich verbessern“, so Jens Genschmar von der FDP. Und Verena Meiwald, Vize-Landes-Chefin der Linken, erklärt: „Von der Staatsregierung erwarte ich jetzt die Unterstützung der Landeshauptstadt.“ (SZ)