Jahr 2004




DNN , 29.Januar 2004

Olympia in Dresden Stadionfrage offen

Dresden wird gebraucht
Dresden. "Lassen Sie uns das verdammte Ding zusammen machen", rief am Dienstagabend Peter Zühlsdorff, Geschäftsführer der Leipzig 2012 GmbH, den mehr als 400 Gästen im Esag-Gebäude zu. Zuvor hatte sein Geschäftsführerkollege Mike de Vries den Mitgliedern des Dresdner Olympia-Vereins sowie vielen Vertretern aus Wirtschaft und Politik die Leipziger Olympia-Bewerbung vorgestellt.
Am 15. Januar wurden die Unterlagen beim IOC in Lausanne abgeben und Mike de Vries ist optimistisch: "Nachdem ich alle Konzepte gesehen habe, rechne ich mit guten Chancen für Leipzig. Denn unser Konzept ist einzigartig, anders als das der anderen." Unter dem Motto "One Family" will Leipzig kompakte Spiele fernab von jeglichem Gigantismus bieten. Im Gegenteil, im Zentrum der Messestadt soll sich die olympische Familie treffen. "Ein wichtiger Baustein unserer Bewerbung ist, dass wir die Athleten, den Sport an sich wieder in den Mittelpunkt rücken", so de Vries. Eine zweite wichige Säule sei die breite Unterstützung der Bevölkerung. Da gebe es bundesweit noch Defizite, gab der Geschäftsführer zu, doch die sollen vor allem in den alten Bundesländern in den nächsten Monaten behoben werden.

Sachsens Landeshauptstadt soll ein großes Stück vom Kuchen abbekommen. Mike de Vries: "Dresden wird die olympische Kulturhauptstadt werden. Dieser Aspekt hat im olympischen Programm immer größere Bedeutung erlangt. Die Besucher der Spiele wollen nicht nur den Sport sehen, sondern auch über Geschichte und die Menschen in dieser Region etwas erfahren. Wir werden in den nächsten Monaten dazu ein Konzept erarbeiten, sind dabei natürlich immer für Ideen dankbar."

Und auch sportlich sitzt Dresden mit im Olympia-Boot. Neben Reiten in Moritzburg und dem Dressur-Finale am Königsufer sind auch Fußball-Vorrundenspiele in Dresden vorgesehen. "In Übereinstimmung mit dem DFB werden die Vorrundenspiele in den Verliererstädten der nationalen Olympia-Bewerbung stattfinden sowie in Rostock und Dresden. Im Wesentlichen sind das auch die Orte, in denen die Spiele der Fußball-WM 2006 ausgetragen werden. Das hat vor allem auch einen finanziellen Hintergrund, denn hätten wir auch diese Spiele im Raum Leipzig ansiedeln wollen, wären das Mehrkosten von rund 200 000 Millionen Euro gewesen", erläuterte Mike de Vries. In Dresden und Rostock gebe es den Vorteil, dass Unterkünfte für Athleten vorhanden seien.

Dietmar Haßler, Vorstandschef des Dresdner Olympia-Vereins, freut sich: "Das ist ein Riesenzeichen für den Dresdner Fußball." Und Sportbürgermeister Winfried Lehmann merkt dazu an: "Das ist jetzt die große Chance für uns, in diese Angelegenheit endlich den richtigen Schwung reinzubekommen. Natürlich wird es ohne Zuschüsse von Bund und Land nicht gehen, doch wenn wir uns als Stadt wieder so bedeckt halten wie damals bei der Bewerbung um die Fußball-WM, wird es wohl kaum etwas werden." Er sei nach allen Seiten offen, was den Standort des Stadions angehe. Von Dynamo-Präsident Jochen Rudi erwarte er ein konkretes Konzept, wie das Harbig-Stadion ausgebaut werden könne.
Astrid Hofmann

SZ am Sonntag, 25. Januar 2004

Platzverweis für Zeitspiel -
Vom SZ-Experten Hans-Jürgen Dörner

Streng nach dem Regelbuch würden Fußball-Schiedsrichter nach einer Ermahnung erst die gelbe und schließlich die rote Karte zücken. Einen Platzverweis verdienen sich auch Dresdens Kommunalpolitiker, wenn sie in der Stadionfrage weiter auf Zeit spielen. Um in der Fußballer-Sprache zu bleiben: Zwei hundertprozentige Chancen haben sie bereits kläglich vergeben. 1991 ließ die Stadt den Schwung der Qualifikation von Dynamo für die Bundesliga ungenutzt.

Damals wäre - auch wegen der deutschen Wiedervereinigung - ein vernünftiges Stadionprojekt sicher finanziell gefördert worden. Ebenso wie für die Weltmeisterschaft 2006. Sich nicht als Spielort zu bewerben, war ein böses Foul am Dresdner Fußball, auf dessen Tradition sich Politiker öffentlich gern berufen. In Leipzig wurde gebaut, in Dresden wird geredet, schlimmer: zerredet. Mit der sächsischen Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 ergibt sich eine neue Chance für die Stadionpläne, aber im Rathaus wird jetzt über den Standort diskutiert. Das kann ich nicht nachvollziehen. Der richtige Platz wäre das Rudolf-Harbig-Stadion. Hier feierte Dynamo die großen Erfolge der 70er und 80er Jahre, spielte vier Jahre in der Bundesliga und wird - hoffentlich - bald den Aufstieg in die zweite Liga schaffen. Deshalb identifizieren sich die Fans mit diesem Stadion.

Wir brauchen keine Sitzungen zur Frage, wo gebaut werden könnte, sondern endlich eine Entscheidung, dass in Kürze gebaut wird. Wer erst in den nächsten drei, vier Jahren Nägel mit Köpfen machen will, wie Dresdens Sportbürgermeister Winfried Lehmann in der Sächsischen Zeitung erklärte, drückt sich darum. Das ist Zeitspiel und sollte wie auf dem Rasen erst recht in der Kommunalpolitik nicht erlaubt sein. So lange man über Sinn und Unsinn debattiert, wird sich kein Investor und/oder Betreiber für eine moderne Arena finden. Finanziell schlecht steht es auch in anderen Kommunen, die trotzdem bauen weil ihre Stadtväter nicht nur in Sonntagsreden den Wirtschaftsfaktor Profi-Fußball predigen, sondern ihn erkannt haben.

Sächsische Zeitung, 22. Januar 2004

Minge setzt in Dresden auf die Logik der Fakten
Große Resonanz auf Ideenwettbewerb für das Rudolf-Harbig-Stadion / Rostock ein mögliches Modell

Im Dezember starteten die ehemaligen Dynamo-Spieler Ralf Minge und Ulf Kirsten, unterstützt von der Sächsischen Zeitung, einen Ideenwettbewerb für das Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion. Mehr als 60 Vorschläge gingen ein.

Herr Minge, hatten Sie eine solche Resonanz erwartet?

Nein, das ist sensationell. Wir sind beeindruckt, mit wie viel Aufwand und Kreativität die Vorschläge erarbeitet wurden. Beteiligt haben sich Kinder mit Buntstiftzeichnungen ebenso wie hoch professionelle Planer. Das zeigt den Stellenwert des Fußballs für alle Altersbereiche und sozialen Schichten. Die Einsendungen kamen aus der ganzen Region und sogar aus Dortmund, Berlin und anderswo.

Sind Vorschläge dabei, die auch umzusetzen wären?

Auf alle Fälle jede Menge Anregungen bis hin zur Finanzierung, wenn ich zum Beispiel an die Idee von einer Stiftung denke. Die meisten Leute schreiben, dass sie zu Dresden als Kunst- und Kulturstadt stehen, sich die Stadt aber nicht darauf beschränken, sondern auch mehr aus ihrer Fußball-Tradition machen sollte. Dazu ist ein modernes Stadion Grundvoraussetzung, und es wird sich etwas bewegen.

Woher rührt Ihr Optimismus?

Aus der Logik der Fakten. Der mögliche Zweitliga-Aufstieg von Dynamo erfordert schnelles Handeln. Mit der Leipziger Olympia-Bewerbung ergibt sich eine neue Chance, obwohl eines klar sein muss: Dresden braucht das Stadion unabhängig von den Olympischen Spielen 2012. Außerdem hoffe ich, dass die Diskussionen in der Öffentlichkeit die Stadtpolitiker zu Entscheidungen drängen. Sie müssen das Fahrrad nicht neu erfinden. Es gibt Modelle wie das Rostocker Ostseestadion für kostengünstige Lösungen.

Die Stadtkasse ist leer.

Deshalb muss man reden, welche Finanzierungsmodelle es gibt, welche Fördertöpfe anzuzapfen wären, ob es Interessenten für eine Betreibergesellschaft gibt und so weiter. Wer weiß, was er will, kann dabei offensiver auftreten.

Aber warum soll es das Rudolf-Harbig-Stadion sein?

Weil hier die Dresdner Fußball-Tradition lebt. Die zweifellos großartige Geschichte des Dresdner SC und des Heinz-Steyer-Stadions ist bei den Fans einfach nicht mehr präsent. Übrigens setzen sich viele Vorschläge „Pro RHS“ mit den bisher vorgebrachten Gegenargumenten wie Parkplätze auseinander. Es gibt interessante Lösungsansätze.

Was passiert nun mit diesen?

Wir übergeben das Material der bei Dynamo gegründeten Stadionkommission, die es in ihren Gesprächen mit der Stadt verwenden kann.

Wie wählen Sie die aus, die ein „Brustsponsor“-Trikot von Ihnen oder Ulf Kirsten erhalten?

Wir haben die Qual der Wahl und wollen die acht originellsten Einsendungen prämieren. Im Moment kommen etwa 20 in Frage. Spätestens bis Anfang Februar wollen wir uns entscheiden.

Das Gespräch führte Sven Geisler.

Dresdner MoPo, 21. Januar 2004

Vorbild Rostock: So einfach geht´s!
Dynamo-Chef Küchenmeister verhandelt schon über einen Bankkredit für ein neues Stadion
von Gert Zimmermann

Morgen Abend findet im Dynamo-VIP-Raum der zweite Warsteiner Stammtisch statt, Hauptthema: das leidige Stadion-Projekt.

Favorisiert wird in der Landeshauptstadt die Variante des Umbaus des Rudolf-Harbig-Stadions nach dem Vorbild des Rostocker Ostseestadions.

Wir telefonierten deshalb mit dem gerade aus seinem Mexiko-Urlaub zurückgekehrten Geschäftsführer der Ostseestadion GmbH, Dr. Helmut Hergesell. Der erläuterte, wie einfach die Arena der Hanseaten gebaut wurde. "Zehn Millionen D-Mark kamen damals vom Land und 9,2 Millionen von der Stadt als Förderung. Die restlichen 40 Mios wurden als Bankkredit aufgenommen. Mit einer Laufzeit von 28 bis 30 Jahren." Und zwar durch die Betreibergesellschaft, die eine 100-prozentige Tochter des FC Hansa ist. Hergesell weiter: "Wir haben nicht nur das Stadion, sondern einen Trainingsplatz und die dazugehörigen Außenanlagen davon finanziert, Zehn Millionen werden aus dem laufenden Bundesliga-Etat dazugeschossen."

Dresdens Stadion-Komission mit Ex-Schiri Wieland Ziller, Dynamos Aufsichtsrats-Chef Friedemann Küchenmeister und Präsident Jochen Rudi ist zurzeit in Verhandlungen mit der Stadt zwecks eines Erbpachtvertrages. Küchenmeister: "Nur mit dem haben wir bei der Bank eine echte Chance. Allerdings sind wir mit einer schon sehr weit in den Gesprächen."

Außerdem hoffnungsvoll: Durch die Nominierung Dresdens als Austragungsort von olympischen Fußballspielen 2012 sind urplätzlich wieder Fördermittel in Sicht, die vor Jahren bei der WM-Vergabe 2006 leichtsinnig ungenutzt blieben.

Wochenkurier, 20.Januar 2004

Aber hallo - Was ist denn hier passiert
Nun, mal langsam! So schnell können wir ja gar nicht unsere Gefühle wechseln, wie sich ständig die Nachrichtenlage aus unserem Rathaus überschlägt. Noch im Herbst wurde an einem Samstag zum Jubeln aufgerufen.
Einwurf von Gert Zimmermann

Die Meldung lautete: Neben Leipzig wird Chemnitz, Riesa, Halle und Dresden zum Austragungsort der olympischen Vorrundenspiele im Fußball ausgerufen. Einen Tag später meldet sich der NOK-Präsident Klaus Steinbach und fordert Kommando zurück. In einem Vertrag war den in der Olympiabewerbung unterlegenen Kandidaten Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf und Hamburg die Kicker-Teilnahme schon zugesichert worden. Seit letztem Wochenende wissen wir, dass die Fußball-Hochburg Dresden wieder drin ist im Millionen-Spiel um Fördermittel. Nun beginnt freilich die Diskussion um den Standort neu, nachdem genau eine Woche vorher die Hiobsbotschaft kam, die Stadt hat auf Grund des Haushalts-Minus nicht einen Cent für einen Fußballplatz mit schönem Ambiente drumherum. In einem Maßnahmekatalog zur Sportentwicklung in der Stadt Dresden, erarbeitet von einer kooperativen Planungsgruppe unter Leitung der Universität Erlangen, steht schwarz auf weiß die Entwicklung einer Konzeption für das Stadion im Ostragehege in der Zeit von Oktober bis Dezember 2003. Für die Monate Januar bis November 2004 ist dann die Beschlussfassung vorgesehen. Die Planungsphase geht von Dezember 2004 bis Mai 2005. Und zwei Jahre später soll dann die Arena stehen. Für das restliche Dresden ist ein Fußballplatz mit 5.000 bis 10.000 Zuschauerplätzen vorgesehen. So steht es auf dem Papier. Die Entscheidung ist freilich noch nicht gefallen. Und nach dem in den letzten Wochen erlebten Aufwind der Dynamos mit der einhergehenden Befürwortung vieler Prominenter für das Harbig-Stadion beginnt wohl langsam aber sicher ein Umdenken. Zum ersten Mal spricht Verwaltungs- und Sportbürgermeister Winfried Lehmann von einem unwahrscheinlichen Potenzial, welches der Fußball in Dresden hat und einem nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor. Aber hallo, was ist denn hier passiert? Wenn jetzt noch die Einsicht in die Notwendigkeit kommt, dass bei einem Aufstieg von Dynamo und aus Kostengründen für die Stadt der Umbau an der Lennéstraße die richtige Lösung ist, hätten unsere Volksvertreter aber im Schnelldurchgang dazugelernt. Schön!

Dresdner Neueste Nachrichten, 20. Januar 2004

Beckmann: Aus für DSC-Stadion, aber neue Anlagen für Sportspange von Ralf Redemund und Jochen Leimert

Dresdens Sport brummt. Es wird so viele Veränderungen sowie Neu- und Umbauten geben wie seit der Wende und lange Zeit davor nicht mehr, aber auch einige schmerzvolle Erkenntnisse. Eine davon heißt: Ein neues Stadion für die DSC-Fußballer ist im Ostragehege neben der Messe definitiv nicht mehr drin. Auch eine Hallen-Stadion-Kombination in der Sportspange (früher einmal als "Rau-Halle" oder Arena Dresden geplant) fällt aus. Beide Male aus demselben Grund: Geldmangel. Dafür startet die Stadt bei der Flutschadensbeseitigung noch einmal richtig durch, legt beispielsweise in der Sportspange zu Füßen des Trümmerbergs einen neuen Tennis- und Beachvolleyball-Park an. Das und vieles mehr verkündet Raphael Beckmann (45), Leiter des städtischen Sportstätten- und Bäderbetriebs, im DNN-Interview mit Ralf Redemund und Jochen Leimert.

Frage: Herr Beckmann, es gab in den vergangenen Wochen wieder viel Wirbel um die Dresdner Stadien. Wie sieht's denn jetzt konkret aus?

Raphael Beckmann: Vom großen Konzept mit Mehrzweck-Halle und Stadion und gemeinsamen Funktionsräumen (Ehrentraut-Studie) müssen wir uns angesichts der Haushaltssituation verabschieden. Wir konzentrieren uns auf ein Stadion. Das ist höchst aktuell, denn Dynamo steht auf einem Aufstiegsplatz. Wir haben glücklicherweise auch Berücksichtigung in der Leipziger Olympiaplänen gefunden, dass wir jetzt gefragt sind. Wenn Dynamo aufsteigt, müssen Aussagen zum Stadion getroffen werden. Ein neues Stadion ist aber nicht binnen eines halben Jahres zu errichten. Die entscheidende Frage lautet nun: Welche Investitionen sind notwendig, um wenigstens übergangsweise vom Deutschen Fußballbund (DFB) eine Genehmigung zu bekommen, dass Zweitliga-Fußball gespielt werden kann.

Was sagt der DFB dazu?

Der Verband hatte sich Ende letzten Jahres gemeldet und will Ende Januar mit einer Stadionprüfungskommission nach Dresden kommen. Ein konkreter Termin steht noch nicht fest. Dem Treffen soll ein konkreter Maßnahmenkatalog folgen. Wir werden mit umfangreichen Forderungen zu rechnen haben. Wir hoffen übergangsweise auf Nachsicht.

Mit welchen Kosten muss Dresden rechnen?

Dadurch dass wir die Anforderungsliste des DFB noch nicht haben, ist jede Schätzung spekulativ. Aber sicherlich bewegt sich die Zahl im Millionen-Euro-Bereich. Die Umzäunung, die Abgrenzung von Blöcken, der Medien- und Fernsehbereich oder auch die Umkleiden sind Provisorien, entsprechen in keinster Weise modernen Anforderungen, nicht einmal mehr einfachen.

Standort für Großstadion offen

Welcher Standort hat denn Priorität - Steyer- oder Harbig-Stadion?

Erst muss die Finanzierung geklärt sein. Die Standortfrage hat zweite Priorität. Da bin ich leidenschaftslos. Es gibt bei beiden Standorten Vor- und Nachteile. Das Ostragehege ist als Sportgelände der Stadt für die Zukunft ausgewiesen, dort wird viel gebaut: die Eishalle, das Schulsportzentrum. Dort würden sich viele Synergien ergeben. Auf der anderen Seite hat das Rudolf-Harbig-Stadion natürlich eine große Tradition. Es liegt schön, dort sind große Erfolge gefeiert worden. Man würde den Standort aber sicherlich für die Vereinsnutzung einschränken, denn das Stadion würde größere Ausmaße annehmen und Trainingsplätze wegfallen. Das sind Vor- und Nachteile, die man objektiv diskutieren muss. Man sollte einen Kriterienkatalog erarbeiten und letztlich eine Abwägung machen. Am besten wäre es, einen neutralen Ob- oder Schiedsmann, den man gegebenenfalls vom DFB dazunimmt, zu seiner Empfehlung befragen. Dann kann man sich entscheiden.

Dynamo hat vor einiger Zeit eine Studie in Auftrag gegeben, das Harbig-Stadion als geschlossenen Immobilienfonds zu entwickeln? Liegen Ihnen die Ergebnisse vor?

Ich habe nur davon gehört, dass solche Überlegungen dort stattgefunden haben, aber ich kenne keine Ergebnisse. Ich weiß nicht, ob es nur eine Idee oder ein fertiges Konstrukt ist. Letztlich brauchen sie dafür aber auch Geldgeber.

Wie konkret ist das Projekt eines neuen kleinen DSC-Stadions, das neben der Messe geplant ist?

Ein ganz neues Stadion auf der Schlachthofinsel sehe ich nicht mehr als realistisch an - rein aus finanziellen Gründen. Wir brauchen sicher noch ein modernes kleineres Stadion - für den Fußball beim DSC und bei sicherheitsrelevanten Spielen von Dresden-Nord und Laubegast, aber auch als Ausweichspielstätte für American Football und andere Veranstaltungen. Wir denken jetzt eher an einen Sportstätten-Umbau, zum Beispiel des Stadions an der Bodenbacher Straße oder des Paul-Gruner-Stadions an der Eisenberger Straße. Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht. Nicht zu vernachlässigen ist dabei auch die Leichtathletik. Sie spielt eine wichtige Rolle, sie muss berücksichtigt werden. Im Moment ist aber noch keine Entscheidung gefallen.

Eishallen-Neubau stockt

Bleiben wir im Ostragehege. Wie geht's weiter mit der geplanten neuen Eissport- und Ballspiel-Halle?

Wir warten auf eine Zusage des Regierungspräsidiums, hatten uns die bereits bis Ende Dezember erhofft. Jetzt wünschen wir uns ein Okay Ende Januar, denn das Zeitkorsett für den Ersatzneubau für die marode Eissporthalle in der Flutrinne ist eng. Wir treten im Moment auf der Stelle.

Und das Schulsportzentrum?

Letztes Jahr hatten wir eine Art Hängepartie. Jetzt sieht's wieder gut aus; wir warten auf den Förderbescheid des Landes. Das Projekt hat wieder Fahrt aufgenommen.

Sind andere Neubauten im Ostragehege in diesem Jahr geplant?

In der Sportspange soll zwischen Trümmerberg und der neuen DSC-Halle bis Herbst eine neue Beachvolleyball-Anlage mit drei Plätzen entstehen. Zudem wird ein Funktionsgebäude und ein neuer Tennis-Park mit sechs Plätzen u.a. für den Sportverein Dresden-Mitte 1950 fertig. Der Verein hat seine komplette Tennis-Anlage in der Flutrinne verloren. Die beiden Beachvolleyball-Felder in der Flutrinne verschwinden dann endgültig. Die Baumaßname Tennis und Beachvolleyball kostet rund 900.000 Euro aus Flutmitteln, wieder zu zehn Prozent von uns kofinanziert. Der Baubeginn ist für April geplant. Außerdem werden noch einige Sportplätze in der Flutrinne wieder hergerichtet.

Flutschäden werden behoben

Wie weit ist die Flutschadensbeseitigung im Sportbereich insgesamt vorangeschritten?

Wir haben eine anerkannte Schadenssumme von 34,5 Millionen Euro. Allerdings liegen noch lange nicht alle Zuwendungsbescheide vor, so dass mehrere Projekte baulich noch nicht begonnen werden konnten. Bis Ende 2003 waren 9,5 Millionen Euro verbaut - elf von 62 Maßnahmen. Die meisten Maßnahmen sind aber bereits begonnen, laufen parallel zum Spielbetrieb. Bis Ende des Jahres werden alle Projekte beendet sein - mit Ausnahme der neuen Eissporthalle.

Stichwort Haushalt 2004. Wie viel müssen Sie sparen?

Bis 2006 rund 1,1 Millionen Euro an Betriebskostenzuschuss. Die Investitionszuschüsse der Stadt werden bis 2007 auf 430.000 Euro gekürzt. Das entspricht ca. zehn Prozent der Zuschüsse für 2003. Anfang 2002 hatten wir noch 250 Mitarbeiter, jetzt sind es 228, darunter sechs Alters-Teilzeitkräfte, die bereits in der Freizeitphase sind, und sechs Mitarbeiter für die Flutschadensbeseitigung. Wir sparen u.a. externe Saisonkräfte fast vollständig ein, schichten intern kräftig um, stoßen aber jetzt an Grenzen.

Im Haushaltskonsolidierungskonzept heißt es zudem, dass der Sportbetrieb Sportstätten an Vereine übertragen soll. Wie ist der Stand?

Von den rund 80 Sportanlagen kommen rund 70 in Betracht. 40 sind bereits übergeben, noch einmal neun per Erbbaurechtsvertrag überlassen. Über sieben weitere Anlagen wird derzeit verhandelt, so zum Beispiel die Sportanlagen an der Salzburger und der Steirischen Straße. Die Vereine bringen mehr Eigenverantwortung ein, wir sparen Personal, Betriebs, Unterhaltskosten.

Neuer Veranstaltungskalender

Welche sportlichen Höhepunkte gibt es in diesem Jahr?

Der Sport spielt bei der Eröffnung des neuen Kongresszentrums die erste Geige! Die Sportler-Gala am 15. Mai soll die allererste Veranstaltung sein, das freut uns riesig, bringt dem gesamten Sport einen riesigen Schub. Statt wie bisher im Hotel Bellevue mit 800 Teilnehmern können jetzt bis zu 2000 Personen teilnehmen. Definitiv eines der ganz großen Ereignisse. So bunt und hochwertig wie in diesem Jahr waren die Veranstaltungen es lange nicht mehr. So will der Gewichtheber-Weltverband im März in Dresden tagen und u.a. entscheiden, wo die Gewichtheber-WM 2007 stattfindet. Ob Tennis mit Becker und Stich, Boxen mit Beyer, Schach mit Schily und Kasparov so-wie der EM der Frauen, den beiden Marathons, dem Handball-Champions Cup oder dem Weltcup-Finale im Orientierungslauf - wir haben einiges zu bieten. Ende Januar bringen wir dazu extra einen Veranstaltungskalender mit den Großsportereignissen heraus.

Wie gut stehen die Chancen, die Schach-Olympiade 2008 nach Dresden zu holen?

Bis April ist die Bewerbung abzugeben. Deutschland hat gute Chancen, muss sich dabei mit Armenien, Argentinien, Schweden, Lettland, Südafrika und Indien auseinandersetzen. Besonders die letzten beiden Länder sind ernsthafte Konkurrenten. Doch ich bin zuversichtlich, denn Dresden hat in diesem Frühjahr mehrfach die Gelegenheit, sich als Schach-Hochburg zu präsentieren.


Sächsische Zeitung, 19. Januar 2004 (auszugsweise)

Freizeitsport in der Schulhalle wird teurer

Verwaltungsbürgermeister Lehmann lehnt größere Tariferhöhungen für die Rathausmitarbeiter ab / 64 Millionen Euro in diesem Jahr für Bildungsstätten

Als Verwaltungschef ist Bürgermeister Winfried Lehmann (CDU) sowohl für das Personal als auch für Schulen und Sportstätten zuständig. Die SZ sprach mit ihm über aktuelle Pläne.

Sie setzen alles daran, um noch schnell Förderzusagen für neue Sportbauten zu erhalten.

Ich gehe davon aus, dass wir bei der Olympia-Bewerbung in die nächste Phase kommen. Die Unterlagen sind perfekt und schlüssig, das kompakte Prinzip überzeugend. Das bedeutet aber auch, dass alles in Leipzig konzentriert wird. Also müssen wir für unsere Sportprojekte bis März die notwendigen Fördermittel abgefordert haben.

Welche Chancen hat Dresden?

Es sieht beim Schulsportzentrum zurzeit gut aus.

Aber da soll Dresden doch nur 75 statt der erhofften 90 Prozent Förderung erhalten.

Das ist die Frage nach dem halb leeren oder halb vollen Glas. Wir erhalten 75 Prozent von rund 30 Millionen Euro. Das ist doch gut. Nun müssen wir mit unserer Gesellschaft, der Woba Dresden, eine Lösung für das Grundstücksproblem finden. Die Woba ist beauftragt, das Objekt schlüsselfertig zu errichten. Sie kann es dann der Stadt über einen Erbpachtvertrag übergeben. Das ist die Variante, die ich favorisiere. Es wird auch ein Grundstückstausch untersucht.

Wann geht der Bau des Schulsportzentrums los?

Wir haben noch eine umfangreiche Planung zu erledigen. Ich hoffe, dass noch in diesem Jahr der Spatenstich erfolgen kann. Richtig baulich losgehen wird es 2005, fertig werden wir 2006. Wie ist der Stand bei der Eis- und Ballhalle im Ostragehege?

Wir haben viele Partner auf unserer Seite. Zurzeit werden mit dem Regierungspräsidenten noch abschließende klärende Gespräche geführt. Es stellt sich bisher die Frage: Kann sich die Stadt angesichts der angespannten Haushaltssituation ein Eisstadion leisten? Doch wenn wir es jetzt nicht tun, dann sind die Hochwassermittel für den Ersatzneubau ebenso wie die angekündigte Fachförderung und die Zusagen von Arbeitsamtsdirektor Thomas Wünsche für zwei Millionen Euro BSI-Mittel (Beschäftigung schaffende Infrastruktur d.R.) weg. Nur im Komplex mit einer Ballhalle wird es für uns wirtschaftlich. Denn einen Ersatz für die Traglufthalle an der Bürgerwiese, die bald zusammenrutscht, bekomme ich einzeln nicht errichtet. Seit zwölf Jahren wollen wir das Ostragehege für den Sport entwickeln. Das können wir jetzt endlich.

Das dritte große Vorhaben ist der Bau eines Stadions.

Das Abfragen der Angebote hat zu Tage gebracht, dass wir das Stadium nur gestemmt bekommen, wenn die Stadt 40 Millionen Euro in die Hand nimmt. Das ist ein harter Brocken. Fußball hat in Dresden ein unwahrscheinliches Potenzial, und er ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Dresden steht vor dem Aufstieg in die zweite Bundesliga. Am Freitag wurde in Leipzig entschieden, dass Dresden als einzige Partnerstadt für Olympia 2012 in die Fußballvorrunde eingeordnet ist. Dazu brauchen wir ein olympiataugliches Stadion.

Über ein Jahrzehnt wird in der Verwaltung über ein Sportentwicklungskonzept diskutiert. Wann kommt es auf den Tisch?

Im ersten Quartal. Das, was zwölf Jahre nicht funktioniert hat, kann man von mir nicht innerhalb kurzer Zeit erwarten. Wir haben ein bundesweites strategisches Konzept zur Grundlage genommen und die Universität sowie einen großen Kreis an Mitwirkenden aus Vereinen und Wirtschaft als Partner zur Seite geholt.

Welche Defizite sehen Sie im Sport?

Gerade in den letzten zehn Jahren sind zahlreiche Angebote im Freizeitbereich entstanden – zum großen Teil durch private Initiative. Beispielsweise im Fitness-Sektor. Trotzdem hinken wir noch in dem Bereich Sport für jedermann hinterher. Da gibt es sicherlich noch erheblichen Bedarf bei Einwohnern und Touristen. Hier sind privatwirtschaftliche Aktivitäten sicher sinnvoll, die sich rentieren werden.

In privaten Hallen ist das Sporttreiben wesentlich teurer als in städtischen.

Hier müssen wir einen Gleichklang erzielen. Beispielsweise für Badminton sollte in Sporteinrichtungen, die die öffentliche Hand betreibt und refinanzieren muss, der gleiche Maßstab gelten wie in einem Fitnesszentrum. Wir haben ein Interesse, die Kinder- und Jugendarbeit sowie den Sport für Behinderte zu fördern, dafür sollten wir Zuschüsse zahlen.

... Gespräch: Bettina Klemm Sächsische Zeitung, Samstag, 17. Januar 2004 Dresden sieht Fußball Vorrundenspiele in der Landeshauptstadt Dresden. Einen Tag nach der Abgabe des Fragebogens beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) stellten die sächsischen Olympia-Macher am Freitag das weiter entwickelte Konzept erstmals öffentlich vor. Leipzig setzt auf kompakte Spiele im Herzen der Messestadt. Nach Empfehlungen des Deutschen Fußball-Bundes und des Aufsichtsrates der Olympia-GmbH sollen Fußball-Vorrundenspiele in Dresden, Rostock sowie in Düsseldorf/Rhein-Ruhr, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart stattfinden. Dresdens Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) geht davon aus, dass Bund und Land im Zuge der Olympiabewerbung für ein modernes Stadion in Dresden „einen finanziellen Anteil leisten wie bei allen anderen geplanten Sportstätten auch“. Trotzdem müsse die Stadt ihre Hausaufgaben machen und das Projekt „mittelfristig fest in die Bücher schreiben“. Riesa hatte dagegen genau wie Chemnitz und Halle vergeblich gehofft, Spielort für das olympische Fußball-Turnier zu werden. Es sei trotzdem „nicht die Situation, in der sich Riesa gelinkt fühlen muss“, erklärte Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU). Wesentliche Forderung der Region sei der vierspurige Ausbau der B169, der für das geplante Trainings- und Akklimatisierungszentrum auch erfolgen müsse. Die Gesamtkosten der Bewerbung bleiben unklar. Nach Angaben von Geschäftsführer Peter Zühlsdorff werden die Investitionen wesentlich näher an den veranschlagten 2,6 Milliarden Euro liegen als an den in Medienberichten genannten 14 Milliarden. (SZ)

SZ vom 17.Januar 2004

Ein Votum für die Fußball-Stadt

Dresden. Die Landeshauptstadt spielt mit - wegen ihrer besonderen Fußball-Tradition. "Wir haben mit unserer fußballverrückten Bevölkerung argumentiert, von der die Mannschaften zweifellos mit einem Begeisterungssturm empfangen werden", sagt Dresdens Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU). Durch die jüngsten Höhepunkte wie dem Benefizspiel von Bayer Leverkusen gegen Dynamo zugunsten der Hochwasser-Opfer 2002 sowie dem Abschiedsspiel von Ulf Kirsten 2003 habe sich Dresden mit seinem großen Fan-Potenzial deutschlandweit in Erinnerung gebracht. Die Berücksichtigung als möglicher Standort für das Olympische Turnier 2012 sehe er "im Kontext zur Absicht der Stadt, zu einem spieltauglichen Stadion im Sinne der internationalen Bedingungen zu kommen". Das sei unabhängig vom Erfolg der Olympia-Bewerbung nötig. "Wir werden in puncto Stadion in den nächsten drei bis vier Jahren Nägel mit Köpfen machen", erklärt Lehmann. (SZ/-ler)

Dresdner MoPo, 16. Januar 2004

Modernes Stadion: Erst Runder Tisch, dann Stiftung ausrufen und Spenden sammeln.
Machts wie bei der Frauenkirche !

Dresden - Dynamos Mitglieder und vor allem die RHS Fraktion haben schon lange aus der Not des maroden Harbig Stadions eine Tugend gemacht. Die Gedanken an ein Happy End (lies: modernes Stadion) sind nicht nur Träumereien. Denn es gibt eine Lösung, wie eine neue Arena finanziert werden kann. Ursprünglich wurde das Stadiongelände von Dr. Güntz der Stadt geschenkt und in eine Stiftung überführt. Voraussetzung für den tollen Plan, der am Ende zu einer bundesligatauglichen Wettkampfstätte führen soll, ist der berühmte Runde Tisch. An den müssen sich zunächst Vertreter der Stadt und Dynamo setzen. Dort müßte beschlossen werden, den Umbau des Harbig Stadions analog der Frauenkirche als Stiftung auszurufen. Danach könnte - wie bei der Frauenkirche - Gelder in ganz deutschland gesammelt werden, neue Blöcke im Stadion nach den Gönnern benannt werden. Nächster Vorteil: Spenden, die in Sachen Stadion fließen würden, wären von Steuern befreit. Dynamo selbst müßte sich mit etwa 100.000 Euro einbringen.
Gert Zimmermann

Dresdner Morgenpost, 15. Januar 2004 "Die Stadt muss Farbe bekennen!" Ostseestadion nach Dresden: Dynamo-Idol Ralf Minge kam auf die Idee und fordert Hilfe von Gert Zimmermann

DRESDEN - Das Thema Nummer 1 ist und bleibt für Dresdens Fußball weiterhin die Aussicht auf die Zweite Liga.

Doch weiterhin ist es auch die nichtvorhandene taugliche Wettkampfstätte, die die Gemüter bewegt. Dynamo Idol Ralf Minge schildert, wie man auf das Kopieren des Ostseestadions gekommen ist: „Ich war schon Ende 2002 in Rostock zu einer Spielbeobachtung und ließ mir das neue Stadion zeigen. Meine Begeisterung war enorm, zumal die Umbaukosten von 55 Millionen Mark im Gegensatz zu anderen Stadionprojekten relativ niedrig waren." Minge empfahl sofort seinem Heimatverein, sich mit dieser Variante zu beschäftigen.

„Schließlich muß keiner das Fahrrad neu erfinden. Außerdem ähneln sich die Voraussetzungen in Rostock und in Dresden in punkto gesellschaftlichem und infrastrukturellem Umfeld."

Minge ist optimistisch, daß in Dresden genau das geschafft werden kann, was Rostock vorgemacht hat. Aber warum ausgerechnet jetzt ? „Nie war die Konstellation günstiger als jetzt. Denn in Fragen Lizenzierungsunterlagen muss erneut die Stadt Farbe bekennen. Die Diskussionen in den letzten Tagen beweisen doch eines: Diese Logik zu ignorieren, wäre sträflicher Leichtsinn. Ich weiß, daß Dynamo alles tun wird, um die letzten Zweifler zu überzeugen."

Sächsische Zeitung, 14. Januar 2004

Das alte Lied vom neuen Stadion für Dresden

Jahrelange Diskussion geht in die nächste Runde / Aufstieg von Dynamo würde schnelles Handeln verlangen / Stadt rechnet mit 1,5 Millionen Euro Kosten
Von Sven Geisler und Alexander Hiller

Es tröpfelt und tröpfelt. Die Stadt Dresden steckt erhebliche Summen in die beiden maroden Stadien, die letztlich für die Katz sind. 180 000 Euro Instandhaltungs-Kosten für den Zeitraum 2000 bis 2003 für das Heinz-Steyer-Stadion, zudem 800 000 Euro bereits investierte Flutgelder (1,4 Millionen Euro wurden bestätigt). Das Rudolf-Harbig-Stadion verschlang im gleichen Zeitraum 380 000 Euro für die Instandhaltung, und 265 000 Euro wurden investiert (Flutlichtanlage). Dieses Geld ist weg – und trotzdem sind beide Anlagen in einem jämmerlichen Zustand.

Ausgangslage

Das Heinz-Steyer-Stadion wurde zuletzt nur noch für 4 900 Zuschauer zugelassen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte zudem signalisiert, es für die Saison 2003/2004 nicht mehr für die Regionalliga zu genehmigen. Nur durch den Abstieg des Dresdner SC in die Oberliga, entstand kein akuter Handlungsbedarf. In das Rudolf-Harbig-Stadion – Fassungsvermögen einst 32 000 Zuschauer – dürfen aus baulichen Gründen zu Pflichtspielen nur noch 18 808 Besucher. Für die dritte Liga erteilte der DFB die Spielgenehmigung, signalisierte aber erheblichen Umbaubedarf bei einem möglichen Zweitliga-Aufstieg von Dynamo. Im Frühjahr wird sich eine Kommission des DFB vor Ort ein Bild machen und die Auflagen erteilen. Das könnten sein: zusätzlicher Sicherheitszaun, moderner Standard für Gäste- und Schiedsrichterkabine, Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Medien (u. a. Überdachung aller Presseplätze), Verkleinerung der Zuschauer-Blöcke, Rasenheizung.

Geplatzte Hoffnungen

Von einer Bewerbung als Spielort bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nahm die Stadt früh Abstand. Offiziell hieß es, die vom Weltverband Fifa geforderte Größe eines Stadions für mindestens 40 000 Zuschauer sei für Dresden nicht darstellbar. Vermutlich fehlte den damaligen Stadtvätern auch der Glaube an die WM-Chance und der politische Wille, für ein sportliches Großereignis zu investieren. Die Bundes-Fördermittel (50 Millionen Euro) flossen in das neue Leipziger Zentralstadion. Trotzdem öffnete der Unternehmer Wieland Ziller aus Laußnitz – früherer Fifa-Schiedsrichter – bei Franz Beckenbauer, Chef des WM-Organisationskomitees, für Dresden noch einmal die WM-Tür. Sein Projekt einer Multifunktionsarena im Ostragehege (30 000 Zuschauer, auf 40 000 erweiterbar, 60 bis 70 Millionen Euro Investition) fand im Rathaus unter Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) keine Beachtung, obwohl die Deutsche Kreditbank Berlin ein Finanzierungskonzept (wie beim Rostocker Ostseestadion) unterstützen wollte.

An der jüngsten Ausschreibung für ein Stadionprojekt im Ostragehege beteiligten sich sieben Projektierungsbüros. Jetzt hieß es, die Planungen seien gestoppt, was Raphael Beckmann verneint. Lediglich der vorgesehene Verbund von Stadion und Multifunktions-Arena sei auf Eis gelegt, erklärte der Leiter des Dresdner Sportstätten- und Bäderbetriebs gegenüber der SZ. „Die Stadionfrage ist immer noch aktuell und hat höchste Priorität“, versichert der 45-Jährige. Bevor sich die Standortfrage stelle, müsse aber die Finanzierung geklärt sein.

Stadt-Positionen

„Im aktuellen Finanzplan sind keine Mittel für ein Stadion vorgesehen. Und aus heutiger Sicht wird das auch in den kommenden Jahren nicht passieren“, sagt Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU). Trotzdem könnte die Stadt durch die aktuelle sportliche Entwicklung in Zugzwang geraten. „Wenn es Dynamo schafft, in die zweite Bundesliga aufzusteigen, müssen wir im Harbig-Stadion kurzfristig investieren. Ich rechne mit etwa 1,5 Millionen Euro Kosten. Ich bin mir sicher, dass der DFB uns eine Übergangslösung erlaubt. Aber wir müssen dem Verband auch eine langfristige Lösung anbieten“, bekräftigt der Politiker. Für Lehmann steht es außer Frage, dass sich die Stadt an den Kosten für eine moderne Arena beteiligen müsse. „Ich gehe von 25 Prozent aus. Sagen wir mal, dass es sich dabei etwa um 15 Millionen Euro handelt. Dann müssen sich die Kommunalpolitiker entscheiden, dass man vielleicht zwei Jahre in das Stadion investiert und dafür an anderer Stelle spart, an der es aber auch weh tun wird. Andere Möglichkeiten gibt es beim derzeitigen Haushalt nicht. Und anders hat man es in Rostock auch nicht bewältigt“, sagt Lehmann. Bei städtischen Planungen wurde das Ostragehege favorisiert. „Aber der Oberbürgermeister wird einen neutralen Sachverständigen, vielleicht vom DFB, hinzuziehen, der allen Seiten nochmals Vor- und Nachteile darlegt“, so Lehmann. Aus Sicht von Stadtrat Jürgen Schwarz (DSU), Vorsitzender des Ostragehege-Ausschusses, drängt die Zeit. „Jemand muss ein Machtwort sprechen.“

Aktuelle Ideen

Entsprechend einem Beschluss der Mitgliederversammlung, sucht die Dynamo-Führung nach Möglichkeiten, den Standort des Rudolf-Harbig-Stadions zu erhalten. Dazu gab es bereits im Frühjahr 2003 einen Erfahrungsaustausch mit Verantwortlichen der Bundesligisten FC Schalke 04 und Bayer Leverkusen. Im Juli 2003 kam ein Kontakt mit Hansa Rostock zustande. Der Umbau des dortigen Ostseestadions bei laufendem Spielbetrieb kostete inklusive der Infrastruktur rund 36 Millionen Euro, von denen das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Stadt Rostock – sie baute in dem Zuge ein neues Leichtathletik-Stadion – jeweils etwa fünf Millionen übernahmen. Friedemann Küchenmeister, Aufsichtsratsvorsitzender und Leiter einer Stadion-Kommission bei Dynamo, bestätigt unabhängig von konkreten Zahlen: „Das ist ein interessantes Modell, an das wir uns anlehnen könnten.“ Auf einem „Kurs guter Partnerschaft und Zusammenarbeit“ mit der Stadt wolle der Klub „alles zusammentragen, was notwendig ist, um die nächsten Schritte zu gehen“.

Der Football-Verein Dresden Monarchs ging im Dezember 2002 mit einer Vision an die Öffentlichkeit. Etappenweise wolle man das Steyer-Stadion zur Multi-Arena umbauen. Dabei lässt sich das Stadion durch einen Klappmechanismus der großen Tribünen von einer Mehrzweckarena in ein reines Fußball-Stadion verwandeln. Eine Weltneuheit. Kostenpunkt etwa 40 Millionen Euro. „Für unser Modell sehe ich gute Chancen, nachdem sich die Stadt von der kombinierten Variante mit Stadion und Multifunktionshalle verabschiedet hat. Zumal unser Förderantrag für dieses Projekt schon beim Land eingereicht ist“, sagt Monarchs-Präsident Sören Glöckner.

Initiativen

Der Verein „Sport im Ostragehege“ (SiO) kümmert sich um die Interessen des Sportparks. „Unser Anspruch ist es, dass wir Fachleute haben, mit denen man Konzepte entwickeln, Lösungen beraten kann. Das ist ein Angebot an die Stadt. Die Stadt hat die Fußball-WM verpasst, und ich möchte nicht, dass wir uns auch um mögliche Fußballpartien bei Olympia 2012 bringen“, sagt Glöckner, der seit September 2003 bei der Olympia GmbH für die Erstellung der Bewerbungsdokumente mit zuständig ist.

Die von Dynamo-Fans ins Leben gerufene und von ehemaligen Spielern (Ulf Kirsten, Ralf Minge) unterstützte Initiative „Pro RHS“ macht sich für den Erhalt des Standortes Harbig-Stadion stark. „Wir sehen dort sowohl die Tradition, für die Dresden europaweit bekannt ist, als auch eine gute Perspektive“, sagt Michael Walter, einer der Initiatoren. Als Neubau komme aus betriebswirtschaftlichen Gründen „nur eine reine Fußball-Arena“ in Frage. Aus dem Steyer-Stadion könne „ein kleines, aber feines kombiniertes Stadion mit Leichtathletik-Bahn“ werden.

Dresdner Morgenpost, 14. Januar 2004

Aus alt mach neu - so könnte es gehen!

Kühner Plan: Dynamo will Ostseestadion scheibchenweise "nachbauen" Hansa brauchte 55 Mio. Euro und 16 Monate (Anmerkung d.webmasters gemeint sind 55 Mio DM !)
von G. Zimmermann / D. Löpelt

Dynamo Dresden ist auf dem Sprung in die 2. Bundesliga. Die Frage: Wo sollen die Schwarz-Gelben spielen? Die Antwort: Im Ostseestadion!

Denn der Regionalligist hat in der Stadionfrage (MOPO berichtete) ganz eigene Vorstellungen und konkrete Pläne. Bereits im August 2003 reisten Präsident Jochen Rudi und Geschäftsführer Volkmar Köster auf Vermittlung von Dynamo-Idol Ralf Minge an die Ostseeküste und ließen sich von der Vereinsführung des Bundesligisten Hansa Rostock in Sachen Stadion-Umbau beraten. Ergebnis: „So wie bei Hansa alles funktioniert hat, kann es bei uns auch laufen."

Konkret: Dynamo möchte das altehrwürdige Harbig-Stadion nach dem Vorbild und Plänen des Ostseestadions modernisieren, also scheibchenweise Abschnitt für Abschnitt. In Rostock kostete der Umbau 55 Millionen Euro. Natürlich steht in Dresden nach wie vor die Frage der Finanzierbarkeit. Die Stadt ist pleite, Dynamo selbst hat Altschulden (auch bei der Stadt). Aufsichtsrats-Boss Friedemann Küchenmeister dazu: „Wir wären aber erst in der 2. Liga in der Lage, unsere Verbindlichkeiten zu begleichen."

In Rostock wurde die Ostseestadion GmbH & Co. KG gegründet, die sich um den Stadionumbau kümmerte, dafür Investoren ranschaffte. Hansa-Pressesprecher Axel Schulz: „Bei uns sind am Ende nur die Flutlichtmasten stehen geblieben. Ohne die finanzielle und ideelle Unterstützung von Stadt und Land wäre das Projekt nicht machbar gewesen."

Am 2. April 2000 begann mit der Grundsteinlegung die Rekonstruktion - nach nur 16 Monaten Bauzeit konnte das neue Ostseestadion eingeweiht werden. Die reine Fußball-Arena wurde zu einem Prunkstück, auf das nicht nur Hansa, sondern auch ganz Rostock stolz sein kann. „In einer Synthese aus erhaltenswerter Tradition, regionalen Aspekten und zeitgemäßer Technik ist es gelungen, an einem innerstädtischen Standort die modernste Open-Air-Veranstaltungsstätte für Sport und Kultur Mecklenburg-Vorpommerns zu errichten", heißt es nicht ganz unpathetisch auf der Homepage des FC Hansa.

Gleiches könnte irgendwann auch bei Dynamo und für Dresden stehen - es muss kein Traum bleiben!

Dresdner Morgenpost, 12. Januar 2004
von Gert Zimmermann

2. Liga? Dynamo läuft Zeit weg!

Küchenmeister: "Aufstieg darf nicht an der Stadionfrage scheitern"
DRESDEN -Für Aufregung ist unter Dresdens Fußballfreunden gesorgt. Der Grund: Die Stadt Dresden legte sämtliche Pläne für ein neues Stadion auf Eis.

Für Dynamo Dresden, dass nach Bekanntwerden dieser Entscheidung auf einen Um- und Ausbau des Narbig-Stadions gehofft hatte, wäre diese Entwicklung jedoch tödlich. Denn der DFB erteilte schon lange klare Stadion-Auflagen für einen eventuellen Zweitliga-Aufstieg. NOFV-Boss Hans-Georg Moldenhauer sprach in dieser Sache schon im vorigen Jahr persönlich bei Dresdens OB Ingolf Roßberg vor. Doch jetzt läuft die Zeit davon.

Bei der Stadt herrschten bisher zwei Meinungen: Einige Politiker favorisierten einen Neubau im Ostragehege, andere wiederum sprachen sich für das Harbig-Stadion aus. Bei Dynamo war man in der ganzen Zeit nicht untätig. Nach der letzten Mitgliederversammlung wurde eine fünfköpfige „Task Force Stadion" gegründet, deren Chef Aufsichtsrats-Boss Friedemann Küchenmeister (39/Foto) ist. Außerdem sitzt auch Ex-FIFAReferee Wieland Ziller in dieser Komission. Küchenmeister: „Wir sind ganz bewusst bisher recht einsilbig geblieben, damit sich Stadt und Land in Ruhe positionieren können. Über Dynamo gab es seit langem keine negativen Schlagzeilen, die Mannschaft steht vorm größten Erfolg seit dem Bundesliga-Abstieg. Wir hoffen, dass jetzt nicht alles an einer Sache scheitert."

Wochenkurier, 13.Januar 2004

Politiker sein und die Welt begreifen, das geht nicht
Einwurf von Gert Zimmermann

Die Euphorie konnte gerade noch so gebremst werden. Nach den sensationellen Auftritten von Dynamos Hallenteam in der Vorrunde beim Masters in Riesa wurden den Spielern plötzlich die Beine schwer und die Spiele gegen Nürnberg und den CFC gingen verloren. Trainer Christoph Franke schmunzelte. Wie hätte er, der Hallenturniere hasst wie der Teufel das Weihwasser, seine Schützlinge wohl wieder vom Höhen-Ausflug heruntergeholt? Die Frage ist geklärt.

Doch Dynamo hat durch die Fernseh-Direktübertragung ein weiteres Mal mit Nachdruck deutschlandweit Punkte gemacht. Vor allem, weil die Fangemeinde nur positiv auffiel. Das kommt gut. Da kommt allerdings die Nachricht aus dem Rathaus, die Pläne für den Bau eines neuen Stadions im Ostragehege auf Eis zu legen. Sollten die Abgeordneten tatsächlich begriffen haben, dass jetzt das Dynamo-Stadion auf die Prioritätenliste zu setzen ist? Sollte wirklich nach den Wünschen des Volkes eine Abstimmung stattfinden?

Also haben die Volksvertreter sogar umgedacht? Halt, bitte sofort die Hoffnungen einstellen. Nur der im dicken Minus befindliche Haushalt der Stadt gebar diese Pressemitteilung.

Ansonsten bleibt natürlich alles beim alten. Wäre ja alles noch schöner, wenn hier etwas mit Vorausblick passiert. Und wenn Dynamo tatsächlich aufsteigen sollte, sind die Jungs ja wohl selbst dran schuld. Seit wann ist denn das Rathaus für die zweite Liga im Profifußball verantwortlich, wo doch die Mitarbeiter sich wie Laien in die Arbeit stürzen? Hauptsache ist doch, sie werden nicht beim Nichtstun erwischt.

Wahrscheinlich werden einige jetzt zu beten anfangen, dass Dynamo nicht der große Wurf gelingt. Denn die Peinlichkeit ist jetzt schon nicht mehr zu toppen. Oder wollen wir noch mal die netten Bilder des Nichtanwachsens des Rasens herausholen? Komischerweise gingen in Dresden immer die Uhren anders. Zu Zeiten des bewusst verhinderten Fernsehempfangs als Tal der Ahnungslosen belächelt, war Fußball Trumpf. Irgendeine Abwechslung brauchte ja das Volk. Inzwischen ist das mit dem Fernsehen geklärt und das undankbare Volk will wieder Fußball. Und dann noch diesen Verein mit dem falschen Namen. Der jetzt auch noch im Westen von diesen Medien hochgepuscht wird. Also Politiker sein und die Welt begreifen, das geht nicht.

Dresdner Morgenpost, 12. Januar 2004
von Gert Zimmermann

Stadt legt Pläne für Arena im Ostragehege auf Eis. Fans und Idole kämpfen für Dynamos Heimstätte.

Kein Neubau ! Sieg fürs Harbig Stadion ?

DRESDEN - Spätestens nach dem Sonnabend-Auftritt der Dynamos in Riesa ist die Truppe von Trainer Christoph Franke jetzt auch deutschlandweit im Gespräch. Es waren nicht nur die Siege gegen die höherklassigen Eintracht Frankfurt und Energie Cottbus, die live im DSF zu sehen waren, sondern auch Ralf Minges Werben für die Brustsponsor-Aktion sorgte für einen noch höheren Bekanntheitsgrad.

Doch nicht nur Minge, sein Freund Ulf Kirsten oder NOFV-Boss Hans-Georg Moldenhauer, auch der DFB macht sich langsam Sorgen um die Zukunft der Schwarz-Gelben. Hauptthema: Stadion! Über das wurde Neues aus der Stadtverwaltung bekannt: Dresden wird keine neue Arena bekommen - die Pläne für den Bau eines neuen Stadions sind endgültig auf Eis gelegt!

Grund: Kein Geld

Noch im Sommer hatte die Stadt den Bau eines reinen Fußball-Stadions im Ostragehege ausgeschrieben. Worauf sich sechs Unternehmen auch meldeten. Zu diesem Zeitpunkt war bereits die von den Dresden Monarchs angeschobene Multifunktionsarena vom Tisch. Denn DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder hatte bei seinem Besuch zum 50. Dynamo-Geburtstag in Richtung Stadt gesagt: „Hier zählt nur ein reines Fußball-Stadion!" Dresden hatte bewusst auf eine Kandidatur für die WM 2006 verzichtet, obwohl die DFB-Zentrale bis zur letzten Sekunde auf die Unterlagen aus Elbflorenz wartete.

Dynamos Geschäftsführer Volkmar Köster wertete die neue Entwicklung in der Stadionfrage sogar positiv: „Für mich ist der logische Schluss, dass es jetzt nur einen Um- und Ausbau des Harbig-Stadions geben kann." Dieser würde spätestens mit einem Aufstieg Dynamos in die Zweite Liga notwendig.

Dafür hatten sich nicht nur die schwarz-gelben Fans mit ihrer Aktion „Pro RHS", sondern auch die ehemaligen Fußball-Idole Minge, Kirsten und Matthias Sammer stark gemacht. Letzterer schrieb sogar einen persönlichen Brief an Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt, der solle „die Pfiffe während seines Auftritts beim Kirsten-Abschied ja nicht falsch verstehen".

Die Finanzlage der Stadt allerdings lässt derzeit überhaupt keinerlei Hoffnungsschimmer für Dynamo zu. Das wurde auch beim Neujahrsempfang der CDU am Freitagabend deutlich, an dem übrigens auch Dynamo-Präsident Jochen Rudi teilnahm. Bei einem Finanzloch von 67 Millionen Euro im Haushalt 2004 ist nicht mit einem müden Cent Unterstützung zu rechnen.

Sächsische Zeitung, 8. Januar 2004

Abschied von Stadion-Plänen

Die Stadtverwaltung legt jetzt die Pläne für den Bau eines neuen Stadions im Ostragehege auf Eis. „Unsere finanziellen Möglichkeiten lassen derzeit einen Stadionbau nicht zu“, sagt Rathaussprecher Kai Schulz.

Im Sommer hatte die Stadt den Bau eines Sportstadions mit dazugehöriger Mehrzweckhalle ausgeschrieben. Sechs Unternehmen unterbreiteten daraufhin ihre Angebote. Darunter sind große Baufirmen wie Hochtief, Walter-Bau und Max-Bögl, aber auch Anbieter aus England und Österreich. Die Kosten für die Projekte schwankten zwischen 75 Millionen und 160 Millionen Euro. Die Stadt könnte ein Stadion ohnehin nur bauen, wenn sie dafür Fördermittel erhält. Doch die sind noch nicht einmal fürs Sportgymnasium ganz sicher. Deshalb hat das Rathaus allen Bewerbern erst einmal abgeschrieben.

Dennoch dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Die beiden jetzigen Sportstätten, das Rudolf-Harbig-Stadion und das Heinz-Steyer-Stadion, sind in einem sehr schlechten Zustand. „Hier muss etwas passieren, spätestens wenn Dynamo im Sommer den Aufstieg in die zweite Liga schafft“, sagt Schulz. (SZ/kle)

dnn vom 7. Januar 2004

Schulsportzentrum: Freistaat übernimmt drei Viertel der Neubau-Kosten

Der Traum von einer 90-prozentigen Förderung des geplanten neuen Schulsportzentrums neben der Messe im Ostragehege ist geplatzt. Auch der Freistaat muss sparen, ist aber immerhin bereit, 75 Prozent des 31-Millionen-Neubaus zu bezahlen. Da die Stadt aber insgeheim mit 90 Prozent gerechnet hatte, muss nun das Finanzierungskonzept umgestrickt werden. Sobald der neue Finanzplan vorgelegt werde, gebe es den Fördermittelbescheid, sagte Dieter Herz, Sprecher im Kultusministerium, auf DNN-Anfrage.

Knackpunkt sei derzeit der Erwerb eines 27 000 Quadratmeter großen Grundstücks von einer Immobilien-Tochter der HypoVereinsbank, erklärte Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU). Für den Kauf werden rund 4,4 Millionen Euro fällig, die aber nicht den Dresdner Haushalt 2004 belasten dürfen. Die Stadt überlegt derzeit mit dem Bauträger Südost-Woba ein Lösung. Denkbare Varianten seien unter anderem ein Erbbaurechtsvertrag oder ein Grundstückstausch zwischen Stadt und Woba-Holding.

Möglicherweise werde es noch in diesem Jahr zu einem ersten Spatenstich kommen, orakelt Lehmann. Den tatsächlichen Baubeginn sieht der Sportbürgermeister allerdings im kommenden Jahr. Ursprünglich war einmal 2004 vorgesehen. Die Schüler des Sportgymnasiums und der Sportmittelschule an der Parkstraße könnten dann im Herbst 2006 ihr neues Vorzeige-Domizil beziehen. Dresden hätte dann eine Attraktion mehr, würde den Standort Ostragehege stärken -in Nachbarschaft zur neuen DSC-Trainingshalle und den Eissport-/Ballspiel-Halle n.

Mit Sachsens Kultusminister Karl Mannsfeld (CDU) hat Lehmann demnächst noch einen Termin, um letzte Hürden auszuräumen.
rare

Sächsische Zeitung , 5. Januar 2004

Keine Chance für Spinner
Kapitän Steffen Heidrich: Aufstieg von Dynamo Dresden wäre kleine Sensation

Heute Vormittag beginnt für Fußball-Regionalligist 1. FC Dynamo Dresden die Vorbereitung auf die Frühjahrsrunde. Kapitän Steffen Heidrich schaut voraus.

Herr Heidrich, wer soll Dynamo auf dem Weg in die zweite Liga jetzt noch aufhalten?

Was ist denn das für eine Frage? Natürlich sind wir gut positioniert, aber das ist nur eine Zwischenbilanz. Wenn wir es schaffen, die mannschaftliche Geschlossenheit, mit der wir zum Ende der ersten Halbserie aufgetreten sind, beizubehalten, haben wir eine gute Chance auf die kleine Sensation.

Was wäre so sensationell an dem ersehnten Aufstieg?

Wir mussten im Sommer drei gestandene Spieler an Zweitligisten abgeben und konnten uns – bis auf Christian Fröhlich – nur mit jungen, talentierten Leuten ergänzen. Deshalb wussten wir vor der Saison nicht, wo wir wirklich stehen. Aber alle haben verinnerlicht, was wir wollen. Es gibt niemanden, der abhebt. Die Mannschaft ist so zusammengestellt, dass Spinner keine Chance hätten.

Muss Dynamo in der Winterpause einen oder mehrere neue Spieler holen?

Natürlich würde uns ein richtiger Torjäger gut zu Gesicht stehen. Aber den suchen auch andere Vereine mit größeren finanziellen Möglichkeiten zurzeit vergeblich. Ich denke, wir sind trotzdem stark genug, den Sprung schaffen zu können. Außerdem könnte uns kein Spieler, auch wenn er einen großen Namen haben sollte, den Aufstieg garantieren. Wichtig ist bei aller individuellen Klasse, dass das Mannschaftsgefüge stimmt. Sicher könnten bei uns einige attraktiver spielen, aber alle ordnen sich der Taktik unter. Das ist die Basis für Erfolg.

Ärgern Sie sich darüber, dass Dynamo in der Hinrunde auswärts manchen Punkt verschenkt hat?

Verschenkt? Klar wären ein paar Zähler mehr drin gewesen, andererseits hatten wir zu Hause auch ein paar Mal Glück. Das gleicht sich aus. Wir müssen weiter an den Details arbeiten. Dann werden wir sicher auswärts kreativer, ohne die Abwehrarbeit zu vernachlässigen.

Welche Bedingungen sind für den Aufstieg notwendig?

Wir müssen weiter so stabil spielen. Wenn jemand schlampig agieren sollte, werden die Trainer und auch ich als Kapitän sofort einschreiten. Wenn alle auf dem Teppich bleiben und diszipliniert arbeiten, sind wir bis zum Schluss oben dabei. Außerdem hoffen wir, von einer Verletzungsmisere wie im vergangenen Jahr verschont zu bleiben, sonst wäre es nicht zu schaffen. Im Verein, im Umfeld muss weiter Ruhe herrschen. Wir haben kritische Situationen überstanden, als das Gehalt oft verspätet gezahlt wurde. So etwas darf nicht mehr passieren.

Trotz der starken Heimbilanz von neun Siegen in zehn Spielen kamen im Durchschnitt weniger Zuschauer als vorige Saison. Wie bewerten Sie das?

Das ist schon putzig. Ich denke, es liegt an der wirtschaftlichen Situation und daran, dass die Fans unter anderen mit dem Ulf-Kirsten-Abschiedsspiel in Dresden mal wieder Höhepunkte außer der Reihe erleben konnten. Wenn es bei uns so weiter läuft, kommen die Anhänger aber nicht umhin zu sagen: Hier muss ich wieder hin. Ich wünsche mir schon zum Auftakt gegen den FC St. Pauli ein volles Stadion. Das wäre die richtige Initialzündung.

Apropos Stadion. Das ist nicht tauglich für die zweite Liga...

Dresden hat das größte Fan-Potenzial im Osten und braucht dringend ein neues Stadion. Die Stadt sollte den Fußball als Wirtschaftsfaktor erkennen, von dem viele profitieren können, und endlich Lösungen finden. Aus meiner Sicht muss das Rudolf-Harbig-Stadion wegen der Tradition als Heimstätte von Dynamo bleiben. Wenn im Frühjahr in einer Kurve der Bau beginnen würde, wäre das ein Schub für alle.
Das Gespräch führte Sven Geisler.

Sächsische Zeitung,2. Januar 2004

Die Fans sind eine Macht, und das nicht nur im Stadion. Die Anhänger von Dynamo Dresden bestätigen das einmal mehr bei den Aktionen „Brustsponsor“ und „Pro Rudolf-Harbig-Stadion“. Foto: Steffen Unger
Argumente mit dem Buntstift
Dynamo-Fans für neues Stadion am alten Standort
Von Sven Geisler

Die Fans von Fußball-Regionalligist 1. FC Dynamo Dresden machen keine Winterpause. Sie greifen zu Kugelschreiber oder Buntstiften. Sie schreiben und malen ihre Vorschläge für einen Um- oder Neubau des Dresdner Rudolf-Harbig-Stadions am alten Standort. Mehr als 30 Einsendungen sind auf den Aufruf der früheren Dynamo-Spieler Ulf Kirsten und Ralf Minge bisher bei der Sächsischen Zeitung eingegangen (eine kleine Auswahl in den unten stehenden Briefen).
Die Initiatoren sehen sich bestätigt in ihrer Auffassung, dass es sich um „eine Kultstätte der Fans“ handelt. Deshalb müsse in Dresden möglich sein, was Rostock mit dem Ostseestadion und Cottbus mit dem Stadion der Freundschaft vorgemacht haben: der Neu- oder grundlegende Umbau des Stadions an historischer Stätte. Die Fans und SZ-Leser argumentieren ebenfalls mit der Erfolgsgeschichte, die Dynamo in den 70er und 80er Jahren sowie in vier Bundesliga-Spielzeiten von 1991 bis 1995 im Rudolf-Harbig-Stadion schrieb. Sie verschließen sich nicht den heiklen Fragen wie Parkplatzproblem und Finanzierung, aber sie haben Ideen zu deren Lösung. Beteiligt haben sich Schülerinnen genauso wie Firmen.

Die Stadt favorisiert allerdings einen Stadionneubau im Ostragehege, für den die Ausschreibung bereits läuft. So gesehen scheinen die Würfel gegen das Rudolf-Harbig-Stadion gefallen. Die Vorschläge „Pro RHS“ sind es trotzdem wert, zumindest angehört zu werden.
Die originellsten acht Einsendungen werden auf alle Fälle prämiert: Mit persönlichen „Brustsponsor“-Trikots von Ulf Kirsten und Ralf Minge, die damit die Brücke zu einer weiteren Aktion für Dynamo schlagen. Seit Ende November bietet eine Initiative von Fans von 0001 bis 2003 nummerierte Trikots mit der Aufschrift „Brustsponsor“ an. Durch den Verkauf sollen rund 150 000 Euro eingespielt werden, die dem Verein sozusagen als Ausgleich für den bisher fehlenden Brustsponsor zur Verfügung gestellt werden sollen.

Bisher warb Dynamo aus Dankbarkeit für die Unterstützung beim Kampf um die Lizenz mit dem Schriftzug „Dresden“ für die Stadt, nachdem sich die Hoffnungen auf ein Fernsehprojekt („Mein Verein“, Produktionsfirma Endemol) vorerst nicht erfüllten. Das bringt dem Klub keine weiteren Einnahmen. Deshalb erklärt Hauptgeschäftsführer Volkmar Köster zu einer eventuellen Neuverpflichtung eines Spielers in der Winterpause: „Er müsste extern, also durch zusätzliche Sponsoren finanziert werden.“
Die Brustsponsor-Trikots für je 99 Euro gibt es im Fanshop, den Geschäften von Mobilplus in Dresden, Freital und Heidenau sowie über den Bestellservice im Internet.
www.brustsponsor.de